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Fernsehzuschauer wählen zunehmend ihr individuelles TV-Programm aus

© Caroline Seidel/dpa

Fernsehrekorde: Die Einschaltquoten im Pay-TV steigen

Das Bezahlfernsehen setzt sich durch – die Zuschauer wollen sich ihre Programmen selbst zusammenstellen

Der Markt des Bezahl-Fernsehens (Pay-TV) wird in Deutschland immer größer. „Wir erreichen Rekordwerte bei allen Kennzahlen“, freut sich Frank Giesberg vom Verband privater Rundfunk- und Telemedien (VPRT). Laut einer am Donnerstag in München vorgestellten Studie des Verbands lagen die Umsätze von Pay-TV sowie Video on Demand – das kostenpflichtige Anschauen von Videos – bei 2,5 Milliarden Euro in Deutschland und 2,7 Milliarden im deutschsprachigen Raum mit Österreich und der Schweiz. Das sind zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. Der Verband hofft, dass es 2016 weitere acht bis elf Prozent Umsatzsteigerung gibt und die Drei-Milliarden-Marke für den deutschsprachigen Raum zu knacken ist.
Spitzenreiter der Branche ist Sky mit seinen Übertragungen der Fußball-Bundesliga. Manche Bundesliga-Spiele bei den 14- bis 49-Jährigen erreichen einen Marktanteil von neun Prozent. Am zweiterfolgreichsten ist der Sender „13th Street“ mit Thrillern, Serien und Spielfilmen. Carsten Schmidt, Vorsitzender der Geschäftsführung von Sky Deutschland, betont den Anspruch der Sender: „Wir wollen weiter in Qualität investieren.“ So plant Sky in Zusammenarbeit mit Bavaria Film eine Fortsetzung des Kriegsfilm-Klassikers „Das Boot“ von Lothar-Günther Buchheim – in acht einstündigen Folgen 2018, mit einem Budget von 25 Millionen Euro.
Insgesamt legen vor allem Videoanbieter wie Netflix zu, bei denen man Filme im Internet abrufen kann: Sie erzielten 25 Prozent mehr Umsatz, die Bezahlsender sieben Prozent.
Über Video on Demand, das in der Branche mit VoD abgekürzt wird, gibt es gegenwärtig die meisten Diskussionen: Der Trend geht dahin, dass immer mehr Zuschauer individuell gezielt etwas Bestimmtes sehen wollen. So bastelt sich jeder sein eigenes Fernsehprogramm. Die TV-Macher bezeichnen dieses Angebot als „nicht linear“ – im Gegensatz zum überall gleichzeitig laufenden „linearen“.
Dessen Beliebtheit wirft die Frage auf, welche Sendeinhalte man überhaupt noch linear zeigen muss. – „Dinge, die die Menschen in dem Moment sehen wollen“, sagt Sky-Mann Schmidt. Das sind vor allem Live-Übertragungen von Fußballspielen und anderen Sportereignissen, aber Erstaufführungen neuer Filme, die man sofort konsumieren möchte. Laut Schmidt geht es dabei um „die Relevanz des Moments“.
Gottfried Zmeck dagegen produziert mit seiner „Mainstream Media“ etwa den kleinen „Heimatkanal“ oder „Romance TV“, bei dem es laut Eigenwerbung um „leidenschaftliche Liebe, zauberhafte Romantik und brennende Eifersucht“ geht. Zmeck meint: „Mit linearer Ausstrahlung schafft man auch Gewohnheiten.“
Mittlerweile verliert man leicht den Überblick über das Angebot, denn man kann in Deutschland schon 105 Pay-TV-Programme abonnieren. Vor zehn Jahren waren es nur halb so viele. Doch mehr Angebot muss nicht automatisch mehr Vielfalt bedeuten. So sind laut der VPRT-Erhebung gleich 43 Kanäle auf Unterhaltung spezialisiert und 21 auf Sport. Jeweils 16 bieten Dokumentationen und Musik, außerdem gibt es neun Kinderkanäle. Nachrichten oder aktuelle Informationen sind nach dieser Erhebung nicht im Programm.
Welcher Sender behauptet sich wirtschaftlich, welche Konzepte scheitern? „Entscheidend ist die Markenpositionierung“, meint Lars Wagner, Channel-Chef von Disney: „Wir stehen für Kids- und Family-Unterhaltung.“ Bei den Filmen seines Senders würden die Kinder und deren Eltern wissen, was sie erwartet – und dass es im Programm zu keinen unangenehmen Überraschungen kommt. Das Fazit der Branchen-Diskussionen ist: Wer mit einem gemischten Angebot alle erreichen will, dessen Programm erreicht am Ende insgesamt kaum jemanden.
Als das Bezahlfernsehen vor 20 Jahren in Deutschland startete, wurden ihm oft wenig Überlebenschancen eingeräumt. Man hatte nicht gedacht, dass sich ein solches Modell behaupten kann. „Die Frage hat sich aber geklärt, ob die deutschen Konsumenten bereit sind, für Fernsehen zu bezahlen“, sagt Marco de Ruiter von Fox und National Geographic. Und auch wenn Pay-TV auch laut VPRT weiterhin ein Nischenmarkt ist – der immerhin wächst stabil. Und Serien wie „Criminal Minds“ oder „The Walking Dead“ werden als Quotenerfolge bejubelt – mit Marktanteilen von etwas über einem Prozent; manche Filme liegen unter 0,1 Prozent.
Eine Bevölkerungsgruppe dürfte auch vom Pay-TV nicht erschlossen werden können: jene 2,1 Prozent der Bevölkerung, die überhaupt nicht fernsehen.

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