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Wirtschaft: Riesenspektakel um Bayer

Vergangenen Mittwoch verkündete US-Gesundheitsminister Tommy Thompson, man würde das Anti-Milzbrand-Antibiotikum Ciprobay ("Cipro") nun doch vom Originalhersteller, der Bayer AG, beziehen. An diesem Wochenende kamen dann wieder gegenteilige Signale.

Vergangenen Mittwoch verkündete US-Gesundheitsminister Tommy Thompson, man würde das Anti-Milzbrand-Antibiotikum Ciprobay ("Cipro") nun doch vom Originalhersteller, der Bayer AG, beziehen. An diesem Wochenende kamen dann wieder gegenteilige Signale. Unabhängig vom Ausgang dieses unglaublichen politischen Spektakels muss festgestellt werden, dass sich die USA mit diesem Vorgehen bis auf die Knochen blamieren. Es scheint fast, als sei man in den USA der Meinung, dass Bayer den Milzbranderreger verbreitet, statt ein Gegenmittel dafür zu verkaufen.

Alles fing mit dem kanadischen Gesundheitsdienst an, der sich ohne Federlesens über Bayers Patentrechte auf Cipro hinwegsetzte und sich mit einer Million Pillen eines billigeren Nachahmerprodukts eindeckte. Das animierte den New Yorker Senator Charles Schumer. Vor den versammelten Fernsehkameras drängte er, dass auch die amerkanische Regierung die Bayer-Rechte ignorieren und woanders billiger einkaufen sollte. Damit erpresste er bei Bayer einen deutlichen Preisnachlass. Das ist wahrhaft ein Sprung nach vorn, den er sich patentieren lassen sollte.

Übersehen hat er dabei nur eine Kleinigkeit: Die Patente, die er Bayer kurzerhand aberkennen wollte, sind auch das Fundament der amerikanischen Arzneimittelindustrie. Arzneimittelkonzerne entwickeln Medikamente mit zum Teil riesigem finanziellen Aufwand in jahrelanger Arbeit, ehe sie ein marktfähiges Produkt präsentieren können. Bis zu 12 Jahre können zwischen der Entwicklung eines Laborprototypen und der Zulassung liegen.

Hat der Konzern den Zulassungsprozess erst einmal hinter sich gebracht, kann er natürlich mit geringem finanziellen Aufwand produzieren. Dann profitieren die Hersteller durch Besitzrechte, also Patente, auf den Wirkstoff. Den Pharmakonzernen wird eine befristete Monopolstellung gewährt, die ihnen eine solche Preiskalkulation ermöglicht. Gerade weil es die USA den Pharmakonzernen erlauben, ihre Kosten durch angemessene Preisgebung zu decken, können sie es sich auch leisten, die europäischen Preiskontrollen im Gesundheitsweisen hinzunehmen.

Wenn also nun die amerikanische Regierung die Patentrechte schwächt, schwächt sie damit nicht nur die Arzneimittelindustrie in den USA, sondern auch in Europa. All das ist ziemlich wichtig und es wäre gut, wenn es die USA-Milzbrandbekämpfer auch begreifen würden. Denn dieses Thema wird in der schönen neuen Welt des Gesundheitswesens sicherlich noch öfter wiederkehren. Sowohl Amerikaner als auch Europäer werden in Zukunft eine Vielzahl an Schnelltests, Antibiotika und Impfstoffen zur Biowaffenabwehr benötigen. Laut Gutachterkommission braucht das Pentagon Impfstoffe für 15 verschiedenen Erreger. Irgendjemand sollte also denjenigen, die sich hier politisch zur Schau stellen erklären, dass Patente auf Arzneimittel keine Bedrohung für unsere Sicherheit sind. Sie sind dafür unerlässlich.

Aus dem Wall Street Journal. Übersetzt, ge

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