zum Hauptinhalt

Bilfinger Berger: Roland Koch als Vorstandsvorsitzender - eine gute Idee?

Der ehemalige Ministerpräsident Roland Koch wird Vorstandsvorsitzender des Baukonzerns Bilfinger Berger. Passt der neue Job zu ihm?

„Hessen-AG“ hat Roland Koch seine Landesverwaltung gerne genannt, als er noch Ministerpräsident in Wiesbaden war. Und so ähnlich hat er sie geführt. Er schaffte die Kameralistik ab und führte die doppelte Buchhaltung ein. Er verpasste der Landesverwaltung ein einheitliches EDV-System, für viel Geld und zum Leid manches Ministerialbeamten. Seine Staatskanzlei mischte sich stärker in die Ressorts ein als die der Vorgängerregierungen. Bei Bilfinger Berger übernimmt der 52-Jährige jetzt den Vorstandsposten einer echten Aktiengesellschaft. BB ist der zweitgrößte deutsche Baukonzern.

Die neue Aufgabe, die Koch im Juli 2011 antreten wird, scheint angemessen. Das Land Hessen hat rund 140 000, BB rund 68 000 Mitarbeiter. Der Landesetat Hessens umfasst mehr als 20 Milliarden Euro, der Umsatz des Bau- und Dienstleistungskonzerns mit Sitz in Mannheim liegt bei zehn Milliarden. Allerdings dürfte Koch in seinem künftigen Job nicht so viele Schulden aufnehmen. Um mindestens zwölf Milliarden Euro stieg die Schuldenlast Hessens in seiner Amtszeit. BB-Aufsichtsratschef Bernhard Walter pries am Freitag bei der Bekanntgabe der Personalie Kochs „immer wieder bewiesene Führungskraft“. Dieser kann sogar auf Erfahrungen im operativen Geschäft von Unternehmen verweisen: Zu Beginn seiner politischen Karriere war er neben seinem Landtagsmandat als Anwalt tätig und half, insolvente Unternehmen aus der Krise zu führen oder abzuwickeln.

Als Ministerpräsident hat Koch viel für die Bauwirtschaft getan. In seiner Regierungszeit wurden die Mittel für den Straßenbau kräftig aufgestockt. Er setzte den Um- und Ausbau von Staatskanzlei und Landtag durch, hunderte Millionen steckte er in die Hochschulen. Und er stellte endgültig die Weichen zum Ausbau des Frankfurter Flughafens, an dem auch Bilfinger Berger beteiligt ist. „Ein Ministerpräsident darf und muss manchmal bauen“, sagte Koch dazu und fügte an, es habe ihm auch Spaß gemacht.

Die Baubranche ist im Umbruch. Von den zehn größten deutschen Baukonzernen des Jahres 1990 haben nur zwei überlebt, neben Bilfinger Berger das von der Übernahme bedrohte Unternehmen Hochtief. Kochs Vorgänger Herbert Bodner hat BB erfolgreich von einem Bau- zu einem Bau- und Dienstleistungsunternehmen weiterentwickelt. Allerdings ist der Konzern in diesem Jahr durch Pfusch an zwei U-Bahn-Baustellen in die Schlagzeilen geraten. Nach der Bekanntgabe der Personalie Koch sank der Aktienkurs zeitweise um mehr als vier Prozent. Börsianer haben offenbar Zweifel, dass der Vorstandswechsel dem Unternehmen guttut.

Andererseits verfügt Koch über beste Kontakte in aller Welt. Er spricht fließend Englisch und hat auf zahlreichen Auslandsreisen angedeutet, welche Talente er als „door opener“ hat. Selbst der damalige US-Präsident George W. Bush wollte den konservativen Hoffnungsträger aus Deutschland 2003 kennenlernen und schaute persönlich vorbei, als Koch in Washington mit Bushs Vize Richard Cheney zusammensaß. Er sehe für sein künftiges Unternehmen wichtige Geschäftsfelder in der Partnerschaft zwischen staatlichen Institutionen und Unternehmen, bei denen er wohl „helfen“ könne, sagte Koch.

Christean Wagner, CDU-Fraktionschef im Wiesbadener Landtag, sprach von einem normalen und wünschenswerten Vorgang, dass es zwischen Politik und Wirtschaft einen Wechsel in beide Richtungen gebe. Der Ministerpräsident habe den Wählern den Regierungsauftrag vor die Füße geworfen und folge dem Lockruf des Geldes, kommentierte dagegen SPD-Generalsekretär Michael Roth und spielte damit auf Kochs künftiges Gehalt an, 1,5 Millionen Euro im Jahr, das Zehnfache eines Ministerpräsidentengehalts. Die Landtagsgrünen erinnerten an die Grundsätze von Transparency International, wonach Politiker drei Jahre nach ihrem Ausscheiden aus einem Amt keine neuen Posten in der Wirtschaft übernehmen sollten. Koch selbst wies dies als unrealistisch zurück. In seiner Amtszeit habe in seiner Kompetenz keine Entscheidung zugunsten oder zulasten von Bilfinger Berger gelegen, versicherte er.

Im August hatte Koch Meldungen über einen bevorstehenden Wechsel zu Bilfinger Berger noch als „Unfug“ dementieren lassen. Nichts sei verhandelt oder zugesagt, ließ er, damals noch Ministerpräsident, mitteilen. Mit der Unterschrift unter einen Fünfjahresvertrag hat er seinen Abschied aus der Politik nun besiegelt. Das ist ein klares Signal an die Konservativen in der Union, die ihn als Reservekanzler in Stellung bringen wollten, weil sie auf das Scheitern von Angela Merkel setzen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false