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Die Post Ihrer Majestät gehört nun allen Briten. Jedenfalls denen, die Aktien des Logistikunternehmens gekauft haben.

© dpa

Royal Mail an der Börse: Ab geht die Post

Die britische Regierung bringt die 500 Jahre alte Royal Mail aufs Parkett. Die Anleger sind begeistert - das Unternehmen ist sanierungsbedürftig.

London - Die britische Post ist der neue Börsenstar in London. Aktien der Royal Mail schnellten am Freitag an ihrem ersten Handelstag zeitweise um 38 Prozent auf 456 Pence in die Höhe. Der Kursanstieg dürfte in Großbritannien die Diskussion darüber befeuern, ob die Regierung das fast ein halbes Jahrtausend alte Unternehmen zu billig abgegeben hat. Schon beim Verkauf der Aktien deutete sich eine große Nachfrage an. Die Emission war vielfach überzeichnet, der Ausgabepreis lag mit 330 Pence pro Aktie am oberen Ende der Spanne.

Mit dem Börsengang ist der britischen Regierung eine der größten Privatisierungen der vergangenen Jahrzehnte gelungen. Margaret Thatcher hatte in ihrer Zeit als britische Premierministerin so ziemlich alles privatisiert, was ihr in die Quere kam: Stromanbieter, Wasserversorger und die Eisenbahn. Vor der Royal Mail war sie zurückgeschreckt. Sie wolle nicht den Kopf der Königin zu Markte tragen, soll Thatcher angesichts des Konterfeis von Elizabeth II. auf den Briefmarken gesagt haben.

Die britische Post leidet wie alle Anbieter in Zeiten elektronischer Kommunikation unter dem schrumpfenden Briefgeschäft. Hinter weltweit agierenden Anbietern wie Deutsche Post oder Fed-Ex hinken die Briten mit einem Umsatz von 9,1 Milliarden Pfund und einer operativen Gewinnmarge von 4,4 Prozent hinsichtlich Produktivität und Profitabilität weit hinterher. Die Deutsche Post gleicht den Rückgang im Briefgeschäft mit dem boomenden Paketbereich aus, in dem der Bonner Konzern zu einem der größten Anbieter der Welt aufgestiegen ist. Die Logistiker profitieren hier von immer mehr Auslieferungen für Onlinehändler. Lange waren die Aktien der Deutschen Post an der Börse unter Druck. Mittlerweile liegen sie mit knapp 24 Euro aber zumindest oberhalb ihres Emissionspreises von 21 Euro. Allein in den vergangenen zwölf Monaten hat das im Dax gelistete Papier knapp 60 Prozent an Wert zugelegt.

Die Royal Mail ist nach dem Börsengang aktuell 4,5 Milliarden Pfund wert, umgerechnet 5,3 Milliarden Euro. Der britische Staat nimmt erst einmal 1,7 Milliarden Pfund ein. Noch hält er 38 Prozent an dem von Heinrich VIII. gegründeten Unternehmen. Dieser Anteil könnte auf 30 Prozent sinken, wenn eine Mehrzuteilungsoption zum Tragen kommt, das heißt, wenn nachträglich weitere Anteile ausgegeben werden, die als Reserve bei den Konsortialbanken liegen.

Mit den Einnahmen aus dem Börsengang will die britische Post unter anderem ihr Zustellernetz modernisieren. Der Londoner Fondsmanager Alastair Gunn sagte der „Financial Times“: „Der Paketdienst muss automatisiert werden und das Management muss auf diesem Weg die Gewerkschaften mitnehmen.“ Es würden in nächster Zeit erhebliche Restrukturierungskosten anfallen. Ein Kaufpreis von 440 Pence sei möglicherweise nicht mehr gerechtfertigt.

In der Belegschaft wächst die Sorge. Am kommenden Mittwoch wollen die Beschäftigten über einen Streik abstimmen. Dominic Beck, der seit 20 Jahren für die Post arbeitet, sagte, er fürchte um seinen Arbeitsplatz. „Die Geschichte lehrt uns, dass nach einer Privatisierung die Zahl der Mitarbeiter rasch sinkt.“ Die etwa 150 000 Post-Mitarbeiter erhielten zehn Prozent der Aktien – so viele wie bisher bei keiner anderen Privatisierung. Nach Angaben des britischen Industrieministers Vince Cable griffen an der Börse vor allem Pensionsfonds und Versicherungskonzerne zu – Investoren, die Aktien in der Regel sehr lange halten. rtr

K. MacLellan, W. James

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