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Wirtschaft: Rückhalt für Kauermann

Übergangschef des Degewo-Aufsichtsrats erklärt sein Befremden über die Abberufung seines Vorgängers.

Berlin - Im Fall der Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden Karl Kauermann aus dem Kontrollgremium der Wohnungsbaugesellschaft Degewo hat sich dessen kommissarischer Nachfolger Jürgen Steinert vor Kauermann gestellt. Der frühere Wirtschafts- und Finanzsenator von Hamburg sagte auf Anfrage, er sei in Dutzenden von Aufsichtsräten gewesen und erlebe so etwas in seinem „Berufsleben zum ersten Mal“. Kauermann war am vergangenen Mittwoch auf Betreiben der Senatsverwaltung für Finanzen im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung abberufen worden. Begründet wird der Schritt vom der Senatsfinanzverwaltung mit „Vertrauensverlust“.

Kauermann hatte privat Geschäfte mit einem Immobilienkaufmann gemacht, der auch der Degewo ein Wohnungsbauprojekt zum Kauf angeboten hatte. Mögliche Interessenkonflikte hatte eine Rechtsanwaltskanzlei untersucht. Deren „Compliance-Bericht“ hatte nach Steinerts Aussagen, die sich mit einem Schreiben der Degewo-Vorstände Frank Bielka und Christoph Beck decken, „keine Pflichtverletzungen“ feststellen können. Für Steinert ein „eindeutiges Ergebnis, mehr ist nicht möglich“.

Steinert kommt aus dem Umfeld von Altkanzler Helmut Schmidt (SPD). Er saß beim Flugzeugbauer MBB und der HDW-Werft im Aufsichtsrat. Ferner stand Steinert viele Jahre an der Spitze des Gesamtverbands der Immobilien- und Wohnungswirtschaft. „Es ist nicht üblich, nach Vorlage eines solchen Berichtes einen Aufsichtsrat abzuberufen“, sagte er. Deshalb habe er Kauermann sein Vertrauen erklärt. Ähnlich hätten sich – von Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhof abgesehen – die anderen anwesenden Aufsichtsräte geäußert.

Ein Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen sagte dagegen, dass „durch die vielfältigen geschäftlichen Aktivitäten des Herrn Kauermann mögliche Interessenkonflikte aufgetreten sind, die Herr Kauermann nicht offengelegt hat“. Man sei „als Gesellschaftervertreter aufgrund eigener und der Gutachterbewertung zu dem Schluss gekommen“, dass die „Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr gegeben ist“.

Warum aber griff die Finanzverwaltung dann nicht ein in einem nicht unähnlichen Fall bei der landeseigenen Berliner Stadtreinigung (BSR)? Dort wollte ein Mitglied des Aufsichtsrats sogar direkt auf ein Grundstück der von ihm mitkontrollierten BSR zugreifen: Er beteiligte sich am Bieterverfahren zum Kauf des Holzmarkt-Areals, setzte sich aber nicht durch. Der Unternehmer, Eigentümer der Elektrotechnikfirma Elpro und in vielfältigen Immobiliengeschäften tätig, sitzt bis heute im BSR-Aufsichtsrat.

Anders als im Holzmarkt-Verfahren der BSR will Kauermann nicht versucht haben, eigene Geschäfte mit der Degewo abzuschließen. Die Verbindungen, die ihm zur Last gelegt wurden, bestehen in Form einer Bürgschaft in Höhe von 700 000 Euro für eine Projektgesellschaft. An dieser Firma ist ein Unternehmer beteiligt, der für den Verkauf eines weiteren, ganz anderen Wohnungsbauprojektes mit der Degewo unterschriftsreife Verträge ausgehandelt hatte.

Für dieses Geschäft brauchte die Degewo die Zustimmung der Finanzverwaltung. Doch die ließ nach Darstellung von Kauermann Wochen auf sich warten. Auf Bitte des Degewo-Vorstandes habe Kauermann dann Finanzsenator Ulrich Nußbaum angeschrieben und um eine Entscheidung gebeten. Auch dieser Brief wird Gerüchten zufolge Kauermann zur Last gelegt. „Laut Compliance-Bericht ist das aber nicht zu beanstanden“, sagte der frühere Aufsichtsratschef dazu. Seine Kontakte zu dem Unternehmer habe er frühzeitig den Degewo-Vorständen offengelegt und sich nicht in die Entscheidung über den Ankauf eingemischt. Nicht nur Kauermann soll in der Sache einen Brief an den Finanzsenator geschrieben haben, sondern auch aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gab es ein ähnlich lautendes Schreiben.

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