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Rückzug: Tchibo stoppt Werbung wegen Nähe zu Nationalsozialismus

Mit dem Slogan "Jedem den Seinen" wollte Tchibo seinen Kaffee in Esso-Tankstellen verkaufen - und muss die Aktion nun offenbar zurückziehen. Denn das berühmte Cato-Wort "Jedem das Seine" prangte einst über dem Tor des KZ Buchenwald.

Tchibo und Esso haben eine gemeinsame PR-Aktion gestoppt, die an rund 700 Tankstellen unter dem Slogan "Jedem den Seinen" für Kaffeesorten warb. Das berichtet die "Frankfurter Rundschau". Der Slogan spielt mit dem berühmten Spruch "Jedem das Seine" ("suum cuique") des römischen Philosophen Cato der Ältere. Dieser wurde jedoch von den Nationalsozialisten missbraucht: Er stand über dem Eingang des Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar.

Tchibo-Sprecherin Angelika Scholz sagte der Zeitung, das Unternehmen habe "nie die Absicht gehabt, Gefühle zu verletzen". Sie räumte ein, der Slogan sei "unglücklich"gewählt. Die Plakate sollten "schnellstmöglich" wieder abgehängt werden. Esso-Sprecher Olaf Martin sagte, die beauftragte Werbeagentur habe die historische Bedeutung des Satzes offenbar nicht erkannt. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, begrüßte die Entfernung des Plakats. Dies sei eine "nicht zu überbietende Geschmacklosigkeit" oder ein Beispiel "totaler Geschichtsunkenntnis".

Tchibo und Esso sind nicht die ersten, die aus historischer Unkenntnis den Satz "Jedem das Seine" für Werbezwecke verwenden. 1998 bewarb Nokia austauschbare Handy-Gehäuse. Die Plakate wurden mit dem Shakespeare-Titel "Was ihr wollt" überklebt, nachdem unter anderem das American Jewish Commitee dagegen protestiert hatte. Kurze Zeit später konnte der Handelskonzern Rewe einen Prospekt nicht mehr stoppen, in dem es hieß: "Grillen: Jedem das Seine". Rewe entschuldigte sich öffentlich. 1999 stoppte Burger King in Erfurt nach Protesten eine Handzettel-Aktion mit dem Slogan. 2001 waren Kunden entsetzt über eine Werbekampagne für Kontoführungsmodelle der Münchner Merkur-Bank. (mwe/sf/AFP)

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