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Wirtschaft: Russen springen auf den Zug

Staatsbahn RZD will sich mit bis zu fünf Prozent an der Deutschen Bahn beteiligen

Berlin - Rund einen Monat vor dem geplanten Teil-Börsengang der Deutschen Bahn hat die russische Staatsbahn RZD Interesse an einem Einstieg bekundet. „Wir werden uns wohl um einen etwa fünfprozentigen Anteil bemühen“, sagte RZD-Präsident Wladimir Jakunin nach Gesprächen mit Vertretern des deutschen Schienenkonzerns am Donnerstag in Berlin. Das berichtet die „International Herald Tribune“. Aus dem Bundestag kam aber Kritik an dem Vorhaben.

Bahn-Chef Hartmut Mehdorn hatte zuletzt bekräftigt, dass sein Unternehmen trotz der Turbulenzen an den Finanzmärkten am Börsengang festhält. „Die Investoren sind vorsichtiger geworden, daher gibt es bessere Chancen für die Bahn“, sagte er am Mittwochabend in Berlin. Sein Konzern sei „stabil im Markt“ und wenig anfällig für Schwankungen.

Die Erstnotierung der Bahn-Aktie ist für den 27. Oktober geplant. Dabei will der Konzern 24,9 Prozent seiner Sparte DB Mobility Logistics verkaufen, in der die Logistik und der Personenverkehr gebündelt sind. Die Bahn-Spitze will das Projekt zuvor bei Investoren in 25 Städten weltweit vorstellen. Die Einnahmen dürften Finanzexperten zufolge bei vier bis fünf Milliarden Euro liegen, die Bahn-internen Schätzungen liegen noch darunter. Neben der russischen Bahn hatte bereits der chinesische Staatsfonds CIC einen Blick auf den Konzern geworfen. Mehdorn zufolge gibt es auch bei anderen Investoren aus Asien Interesse.

Derweil regt sich im Bundestag Kritik an dem geplanten Investment der Russen. „Das halte ich für falsch“, sagte Dirk Fischer, verkehrspolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, dem Tagesspiegel. Er begründete dies mit der Befürchtung, dass hinter dem russischen Interesse politisch-strategische Absichten stecken könnten. Ähnlich argumentiert der SPD-Verkehrsexperte Uwe Beckmeyer: „Natürlich muss man aufpassen, dass man nicht fremdbestimmt wird“, sagte er. Er könne sich den Einstieg der Russen nur vorstellen, wenn diese im Gegenzug ihr Staatsunternehmen für deutsche Investitionen öffnen. „Wenn nicht, würde ich die Finger davon lassen.“

Winfried Hermann, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, befürchtet negative Folgen für die Bahnfahrer hierzulande. „Die Deutsche Bahn wird künftig weniger Wert auf regionale Verkehrsverbünde und ihre Kunden legen, als den internationalen Schienentransport nach Russland und China. Das ist für Bahnkunden in Deutschland hoch problematisch, weil das Renditebestreben im Vordergrund steht“, sagte er. „Auch wenn es sich nur um eine fünfprozentige Beteiligung handelt, dürfte so ein Investor seine Stimmrechte viel intensiver wahrnehmen als der verschnarchte Bund.“

Die FDP hat indes keine Probleme damit. „Es ist keine politische Entscheidung, wer sich wie an der Bahn beteiligt“, sagte Horst Friedrich, verkehrspolitischer Sprecher im Bundestag. „Wir müssen uns damit abfinden, dass Geldströme aus Russland, dem Nahen und Fernen Osten auch zu uns fließen. Die Deutsche Bahn beteiligt sich ja auch im Ausland.“

Tatsächlich drängen deutsche Unternehmen auf den russischen Markt: So meldete der Technologiekonzern Siemens am Donnerstag Interesse am russischen Eisenbahntechnikhersteller Transmashholding an. „Der russische Bahnmarkt ist sehr interessant, und es wird starkes Wachstum erwartet“, sagte ein Sprecher. Zuvor waren die Verhandlungen zwischen dem weltgrößten Bahn-Hersteller Bombardier aus Kanada und der Transmashholding über einen Einstieg gescheitert. Siemens baut für die russische Bahn bereits einen Hochgeschwindigkeitszug, der in den vergangenen Tagen auf der Berliner Messe InnoTrans vorgestellt wurde. Die RZD will nach eigenen Angaben ihren Fuhrpark bis 2030 komplett erneuern und Tausende Lokomotiven, Güter- und Personenzugwagen für 85 Milliarden Euro bestellen.

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