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Wirtschaft: RWE droht Gewinneinbruch

Teuren Firmenzukäufen folgen jetzt hohe Wertberichtigungen – Streit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat

Berlin (fo/tsp). Der Essener EnergieKonzern RWE rechnet im nächsten Geschäftsjahr nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ mit einem drastischen Gewinneinbruch. Das gehe aus Unterlagen für die am Montag stattfindende Aufsichtsratssitzung des Konzerns hervor. Danach werde das Nettoergebnis nach vorläufigen Berechnungen um bis zu 40 Prozent einbrechen und damit rund 500 Millionen Euro unter dem Vorjahresergebnis liegen. Der RWE-Vorstand gehe allerdings von einer nur vorübergehenden Schwäche aus.

Hinzu kommen Sonderabschreibungen (siehe Lexikon) in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Das Unternehmen hatte in den vergangenen Jahren nach eigenen Angaben rund 30 Milliarden Euro für den Zukauf mehrerer Energieversorger ausgegeben. Deren Werte in der Bilanz müssen jetzt bereinigt werden. Ein RWE-Sprecher wies auf die Belastungen durch die großen Akquisitionen zum Beispiel des britischen Wasserversorgers Thames Water oder des britischen Energiekonzerns Innogy hin. Die Goodwill-Abschreibungen beliefen sich auf 1,1 Milliarden Euro, hatte das Unternehmen bereits vor einem Monat bekannt gegeben. Laut Konzernsprecher sollen die Aussichten für das Jahr 2003 aber erst präzisiert werden, wenn die endgültigen Zahlen für das laufende Geschäftsjahr vorliegen – das sei für März 2003 geplant.

Zu diesem Zeitpunkt soll auch Harry Roels als neuer Konzernchef antreten. Dem noch amtierenden Chef Dietmar Kuhnt wird vorgeworfen, er habe in der Vergangenheit Beteiligungen zu teuer eingekauft. In diesem Zusammenhang sind allein die Finanzverbindlichkeiten von RWE auf rund 15 Milliarden gestiegen. Einige der teuer eingekauften Beteiligungen erreichten nach internen Berechnungen jedoch noch nicht die erwarteten Renditeziele oder entpuppten sich sogar als Sanierungsfälle.

Vor vier Wochen hatte RWE ein Betriebsergebnis für das Gesamtjahr vorhergesagt, das im Kerngeschäft um 20 Prozent über dem Vorjahreswert liegen soll. Der Nettogewinn im Konzern dürfte 2002 allerdings unter dem Vorjahresniveau liegen, hieß es damals. Grund seien Goodwill-Abschreibungen von rund 830 Millionen Euro, die durch die Erstkonsolidierungen des britischen Versorgers Innogy und der tschechischen Ferngasgesellschaft Transgas anfielen. Doch nicht nur die schlechten Zahlen, auch die Führung des Essener Energiekonzerns, der früher hauptsächlich von der Stromerzeugung- und versorgung lebte, heute aber auch im Wassergeschäft mitmischt, steht unter Beschuss. Zwischen Kuhnt und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Friedel Neuber (früher Chef der Westdeutschen Landesbank) soll es zu heftigen Kontroversen gekommen sein. Auslöser ist der Umbau des Konzerns, den Kuhnt noch vor Amtsantritt seines Nachfolgers in die Wege leiten will. Sein Chefaufseher ist dagegen der Ansicht, dies sei Sache von Roels.

Der gebürtige Niederländer, der früher für Shell tätig war, reist deshalb schon jetzt von Konzerntochter zu Konzerntochter, um sich einen Überblick über seine neuen Aufgaben zu verschaffen und sich auf den Umbau vorzubereiten. Am 1. Februar wird er in den RWE-Vorstand einziehen und nach einer Einarbeitung das Ruder allein übernehmen. Im Aufsichtsrat ist der Widerstand gegen Roels nach Angaben aus Unternehmenskreisen noch nicht gebrochen. Dort wollten sich vor allem die Vertreter der Kommunen immer noch nicht mit dem Niederländer anfreunden, weil sie durch den externen Mann eine Schwächung ihrer Position befürchten, heißt es. Die Kommunen halten etwa 35 Prozent am Grundkapital von RWE und haben damit eine starke Stellung im Aufsichtsrat.

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