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Ryanair

© dpa

Ryanair: Nebel in der Sonne?

Europas größte Billigfluggesellschaft ist unter Täuschungsverdacht geraten. Bei drei Schadenersatzprozessen gegen Ryanair vor dem Amtsgericht Bremen behaupteten Ryanair-Kunden in den vergangenen Tagen, ihre Flüge seien wegen angeblichen Nebels abgesagt worden, den es so nicht gegeben habe. Das berichtete jetzt die zuständige Richterin auf Anfrage.

Die Kläger hätten als Motiv für das vorgeschobene Nebelargument vermutet, dass durch den „Flugausfall“ die Maschine anderweitig eingesetzt werden sollte, um Verspätungen auszugleichen.

Nach Angaben der Richterin einigten sich zwei Kläger mit der Fluggesellschaft auf Vergleiche, die „eher für die Passagiere günstig“ seien. Ein dritter Fluggast habe etwa 250 Euro Schadenersatz erstritten. In diesem Fall hatte der im Bremer Umland wohnende André Herzog einen Flug nach Pisa und zurück gebucht. Der Rückflug wurde dann aber wegen angeblichen Nebels in Pisa abgesagt. „Dabei haben wir vor dem Flughafen in der Sonne gelegen“, sagte Herzog dem Tagesspiegel. Den 180 Passagieren sei gesagt worden, sie könnten Tage später den nächsten Bremen-Flug nehmen. Er selber habe sich aber einen Ausweichflug für denselben Tag nach Frankfurt-Hahn erkämpft, berichtete er weiter.

In Hahn habe er sich für die Weiterfahrt einen Wagen gemietet. Da er erst mitten in der Nacht zuhause eingetroffen sei, habe er für den nächsten Tag unbezahlten Urlaub nehmen müssen. Für die Autokosten und für seinen Verdienstausfall erhielt Herzog jetzt Schadenersatz zugesprochen. Die Richterin legte sich dabei nicht fest, ob der Nebel nur ein vorgeschobener Grund gewesen sei. Zumindest aber habe Ryanair nicht bewiesen, dass die Maschine wegen schlechter Sicht nicht habe fliegen können, und müsse deshalb die Folgen tragen. Im Prozess hatte Aussage gegen Aussage gestanden: Ryanair legte dem Gericht einen Internet-Wetterbericht vor, der den Nebel belegen sollte. Fluggast Herzog hatte sich aber beim Deutschen Wetterdienst erkundigt und sah sich von dort bestätigt. Wegen des geringen Streitwerts kann das Urteil nicht weiter angefochten werden.

Eine Ryanair-Sprecherin wollte die drei Bremer Fälle nicht kommentieren, da ihr noch keine Detailinformationen vorlägen. Auf die Frage, ob Nebel als Absagegrund vorgeschoben werde, sagte sie, „das kann ich mir nicht vorstellen“.

Dem Bundesverband der Verbraucherzentralen sind bisher keine Beschwerden über Nebel bekannt, auch nicht bei anderen Fluglinien. Auch Beate Wagner, Rechtsberaterin bei der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen, kennt solche Fälle nicht. Sie berichtete aber am Freitag auf Anfrage, dass Fluglinien gerne technische Defekte als Absagegrund angäben, auch wenn wirtschaftliche Motive ausschlaggebend seien, etwa schlecht gefüllte Maschinen. Würde dieser wahre Grund angegeben, dann müssten die Gesellschaften laut EU-Fluggastverordnung den Passagieren womöglich eine „ Ausgleichleistung“ bis zu 600 Euro pro Kopf zahlen; Kosten für Hotel oder Mietwagen könnten noch hinzukommen. Allerdings würden technische Defekte inzwischen von den meisten Gerichten nicht als Grund akzeptiert, um der Zahlung einer Ausgleichsleistung zu entgehen, sagte Wagner.

Die Schadenersatzklagen gegen Ryanair sind für die irische Gesellschaft nicht die erste Imagebelastung. Gewerkschafter und ehemalige Flugbegleiterinnen werfen dem Unternehmen schlechte Arbeitsbedingungen für Leiharbeitnehmer vor: Die in großem Umfang eingesetzten Leih-Stewardessen bekämen faktisch nur die reine Flugzeit bezahlt, müssten am Zielflughafen ohne Extrabezahlung Kabinen samt Toiletten putzen, bekämen nur 20 Tage bezahlten Urlaub im Jahr und bei Krankheit keine Lohnfortzahlung.

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