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Angestaubt. Das Ende für den schwedischen Autohersteller Saab – hier einige ältere Modelle – ist bedrohlich nahe gerückt. Foto: dpa

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Wirtschaft: Saab am Abgrund

Der schwedische Autohersteller beantragt Gläubigerschutz – und verspricht eine „lichtere Zukunft“

Der schwedische Autohersteller Saab hat am Mittwoch Gläubigerschutz beantragt und will sich einem Zwangsverwalter unterstellen. Ein entsprechender Antrag auf „Rekonstruktion“ oder befristete Insolvenz wurde beim Amtsgericht Vänersborgs gestellt, um einem endgültigen Konkurs zu entgehen. An diesem Donnerstag will das zuständige Amtsgericht entscheiden, ob es dem Saab-Antrag zustimmt. Eine für Mittwochnachmittag angekündigte Entscheidung wurde ohne Begründung vom Amtsrichter vertagt. Für Saab-Kunden soll sich nach Auskunft des Konzerns vorerst nichts ändern.

Bereits nach der Trennung vom Mutterkonzern General Motors im Jahr 2009 hatte Saab eine Rekonstruktionsperiode bewilligt bekommen. Der niederländische Sportwagenhersteller Spyker Cars übernahm das Unternehmen Anfang 2010. Eine „Rekonstruktion“ nach schwedischem Recht ist mit einer Insolvenz vergleichbar, bei der Forderungen gestundet werden und Gläubiger zu einem Teilverzicht bereit sind. Dem Unternehmen wird so eine Schonfrist zur Gesundung eingeräumt, statt es abzuwickeln. Forderungen aus der Zeit vor der Rekonstruktionsperiode werden eingefroren. Sämtliche Rechnungen, die noch eingehen, werden hingegen beglichen.

Die Produktionsbänder bei Saab stehen seit April größtenteils still, weil Zulieferer für Leistungen aus dem Dezember 2010 noch nicht bezahlt wurden. Immer wieder mussten zuletzt auch Lohnzahlungen an die Belegschaft verschoben werden. Die Augustgehälter stehen noch aus. Die schwedische Metall-Gewerkschaft hat vorgeschlagen, man könne versuchen, Bankkredite für Saab durchzusetzen, mit denen zumindest die Angestellten einstweilen bezahlt werden könnten. Sollte das Amtsgericht dem Insolvenzantrag, hinter dem auch die Gewerkschaft steht, stattgeben, müssten die Augustgehälter über staatliche Gehaltsgarantien ausbezahlt werden.

Lars Holmqvist, Chef der europäischen Lieferanten-Organisation Clepa und bekannt für seine kritische Haltung zum Krisenmanagement bei Saab, äußerte sich am Mittwoch überraschend positiv zu einer Rekonstruktion. „Ich bin jetzt positiv eingestellt, weil ich nicht glaube, dass die holländischen Eigentümer oder irgendjemand sonst so dumm wären, ein Rekonstruktionsverfahren zu beantragen, ohne umfassende Kapitalzugänge in Aussicht zu haben. Das wäre nur verschwendete Zeit“, so Holmqvist im Schwedischen Radio (SR). Noch am Dienstag hatte Holmqvist sich sehr pessimistisch geäußert. Eine Rekonstruktionsfrist von einem Jahr gilt als möglich, sollte das Gericht dem Antrag zustimmen. Dazu müssen die eingereichten Unterlagen der Eigentümer glaubhaft machen, dass Saab eine realistische Überlebenschance hat.

Der niederländische Saab-Eigentümer Swedish Automobile (früher Spyker) versuchte, trotz der Existenzkrise Zuversicht zu verbreiten: „Es hat uns das Herz gewärmt zu sehen, wie unsere Mitarbeiter, Händler und Zulieferer zu uns gestanden haben. Ich freue mich darauf, gemeinsam mit ihnen eine lichtere Zukunft für Saab zu bauen“, sagte Konzernchef Victor Muller.

Die Saab-Eigentümer hatten bereits angekündigt, die Konzernmehrheit an den chinesischen Autohändler Pangda und den Konzern Zhejiang Youngman Lotus Automobile verkaufen zu wollen. Die Vereinbarung muss jedoch noch von den chinesischen Behörden genehmigt werden. Zuvor war das chinesische Unternehmen Hawtai Motor nach einer unverbindlicher Willenserklärung abgesprungen.

Spyker hatte Saab im Jahr 2010 den Opel-Mutterkonzern GM abgekauft. Dieser wollte Saab lieber stilllegen, die Abwicklung war bereits eingeleitet. Doch die GM-Zentrale in Detroit gab in letzter Minute dem Drängen der schwedischen Regierung und der Saab-Vertreter nach. Der Verkauf an Spyker brachte den 3700 Beschäftigten in Trollhättan bei Göteborg wenig. Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurde ein Verlust von 224 Millionen Euro bei einem Umsatz von 359 Millionen Euro angehäuft. Ganze 13 000 Autos konnten die Schweden in dieser Zeit absetzen. mit dpa

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