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Wirtschaft: Sanierung kostet Karstadt-Quelle Milliarden

Einzelhandelskonzern will den Umbau jetzt schneller vorantreiben – und deutet erstmals den Verkauf von Thomas Cook an

Berlin - Der angeschlagene Karstadt-Quelle-Konzern drückt bei der Sanierung aufs Tempo. Der geplante Verkauf der Fachhandelsgeschäfte und kleinerer Karstadt-Filialen soll bereits bis Ende des Jahres abgeschlossen sein, sagte der kommissarische Vorstandschef des Handelskonzerns, Harald Pinger, am Dienstag bei der Bilanzvorlage in Essen. Auch der Personalabbau geht schneller voran als geplant.

Doch trotz erster Sanierungserfolge bleibt die Lage äußerst schwierig: Wegen des milliardenschweren Umbauprogramms hat Karstadt-Quelle im vergangenen Jahr einen Verlust von 1,63 Milliarden Euro ausgewiesen – das ist der mit Abstand größte Verlust der Unternehmensgeschichte. Pinger schloss zwar eine Zerschlagung des Konzerns aus, deutete aber erstmals an, dass Karstadt-Quelle seine 50-Prozent-Beteiligung an dem Touristikkonzern Thomas Cook verkaufen könnte.

Erst in der vergangenen Woche war der bisherige Konzernchef Christoph Achenbach vorzeitig zurückgetreten. Sein im September begonnener Sanierungskurs galt zwar als richtig; er war aber kritisiert worden, weil er den Kurs nicht schnell genug vorantrieb. Der Plan sieht unter anderem den Verkauf der Fachhandelsketten wie Sinn-Leffers und Runners Point sowie die Trennung von 75 kleineren Filialen vor. Der bisherige Finanzvorstand Harald Pinger soll nur so lange die Vorstandsarbeit bei Karstadt ohne Cheftitel „koordinieren“, bis ein neuer Vorstandschef gefunden ist.

Sein Nachfolger wird es nicht leicht haben, denn deutliche Umsatzeinbrüche in den ersten drei Monaten dieses Jahres haben den Druck auf Europas größten Warenhaus- und Versandhandelskonzern weiter erhöht. Zwischen Januar und März schrumpfte der Konzernumsatz gegenüber dem Vorjahr um 8,6 Prozent und lag damit unter den Konzernerwartungen. Das Versandhaus Quelle verzeichnete sogar ein zweistelliges Umsatzminus. „Die Kunden haben Angst, Waren mit drei oder fünf Jahren Garantie zu kaufen, weil sie befürchten, dass es Quelle dann nicht mehr gibt“, sagte Interimschef Pinger. Hoffnung macht dagegen das im März neu eröffnete Karstadthaus in Potsdam. Die Kundennachfrage übertreffe die Erwartungen deutlich.

Im vergangenen Jahr machte der Konzern insgesamt einen Verlust vor Steuern und Abschreibungen von 1,63 Milliarden Euro. Im Vorjahr hatte er noch einen Gewinn von 225 Millionen Euro ausgewiesen. Bereinigt um die Sanierungskosten lag der Verlust bei 190,7 Millionen Euro.

Dennoch sieht Pinger erste Sanierungserfolge. Ab 2006 werde Karstadt-Quelle wieder Wachstum erzielen können. Den angekündigten Personalabbau will der Konzern, der in Berlin rund 8000 Mitarbeiter beschäftigt, fast komplett in diesem Jahr abwickeln. Nach Angaben von Personalvorstand Matthias Bellmann wurden schon im ersten Quartal 1800 Arbeitsplätze abgebaut. Bis 2007 sollen insgesamt 5700 Stellen wegfallen. „Wichtig ist jetzt, Ruhe in das Unternehmen zu bekommen – die Verunsicherung ist groß, auch beim Kunden“, sagte Wolfgang Pokriefke, Gesamtbetriebsratschef der Karstadt Warenhaus AG.

Fred Otto, Handelsexperte beim Marktforscher AC Nielsen, ist zuversichtlich, dass der Sanierungsplan funktioniert. „Aber die Frage ist, ob die Konsumneigung steigt und die Umsätze wieder anziehen werden“, sagte er. Die Einzelhandelsumsätze der ersten beiden Monate zeigten noch eine große Zurückhaltung der Verbraucher. „Ich bin aber vorsichtig optimistisch, dass es für den Handel in diesem Jahr insgesamt besser läuft als 2004.“ Zweifel hat dagegen der Handelsexperte Volkhardt Klöppner von BBDO Consulting. Er bezeichnete den Zeitplan für den Verkauf der Karstadt-Häuser als „sehr ambitioniert“. „Karstadt wird große Probleme haben, den Weg in der angegebenen Zeit zu gehen.“

Die Aktie des im M-Dax notierten Wertes legte am Dienstag zu. Zum Börsenschluss notierte sie bei plus 3,93 Prozent. „Das Sanierungstempo ist positiv“, sagte Barbara Ambrus von der Landesbank Baden-Würtemberg. „Das Unternehmen zeigt so schneller strategische Erfolge.“

Maren Peters

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