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Sanierungspoker: GM-Europachef deutet Festhalten an Opel an

Verkaufen, in die Insolvenz schicken oder doch behalten? Zwei Tage hat der GM-Verwaltungsrat über Opels Zukunft beraten, heute soll die Bundesregierung informiert werden

Nach monatelangem Tauziehen haben die Verwaltungsräte des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM) in der Nacht zu Donnerstag eine Entscheidung über die Zukunft des deutschen Autobauers getroffen. Das Ergebnis ist bisher noch nicht bekannt. Das Gremium werde seine Empfehlung aber innerhalb der kommenden 24 Stunden mitteilen, hieß es aus der Zentrale von GM-Europe. Für den Nachmittag ist eine Pressekonferenz in Berlin geplant. Das Kanzleramt soll Kreisen zufolge bereits informiert sein. GM-Europe hatte angekündigt, dass zunächst auch die anderen europäischen Regierungen, die beiden Bietern, die Opel-Beschäftigten und die Opel-Treuhand informiert würden.

Der GM-Verwaltungsrat hatte während seiner zweitägigen Sitzung insgesamt vier Optionen geprüft. Neben einem Verkauf an den Zulieferer Magna oder den Finanzinvestor RHJ stand gibt es auch die Möglichkeit, dass GM sein Opel-Europa-Geschäft behält. Eine Insolvenz gilt dagegen als unwahrscheinlich.

Dass eine Entscheidung gefallen ist, hatte sich bereits in der Nacht zum Donnerstag angedeutet. Der Opel-Chefunterhändler von GM, John Smith, sei auf dem Weg nach Deutschland, berichteten mehrere mit den Vorgängen vertraute Personen.

Die britische Nachrichtenagentur PA und der TV-Sender Sky News berichteten unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen bereits, GM habe sich entschieden, sein Opel nicht zu verkaufen. Dies wurde aus deutschen Regierungskreisen bisher aber nicht bestätigt.

GM-Europachef Carl-Peter Forster hatte noch vor der Sitzung ebenfalls Andeutungen in diese Richtung gemacht. In einem Interview mit dem Magazin auto, motor, sport sagte er, dass GM an Opel festhalten wolle. Er bezeichnete entsprechende Überlegungen als "sehr ernsthaft". Das neue Board (Verwaltungsrat) sei offensichtlich der Auffassung, dass Opel doch eine sehr wichtige Marke für GM sei und Europa ein sehr wichtiger Markt, und dass in Europa eine Menge Know-how vorhanden sei, sagte er. Bisher habe man sich nur von Opel trennen wollen, weil die US-Regierung nicht erlaubt habe, mit Steuergeldern eine Restrukturierung außerhalb der USA zu betreiben.

Bei der vorherigen Sitzung des Verwaltungsrates vor knapp zwei Wochen hatte das Gremium eine Entscheidung über einen Verkauf vertagt und stattdessen einen Verbleib der ehemaligen Europa-Tochter im US-Konzern prüfen lassen. Allerdings ist unklar, wie der vom Staat gestützte Autoriese die Sanierung von Opel in Eigenregie finanzieren soll. Laut einem Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, der bei der Board-Sitzung vorgelegt wurde, benötigt GM dafür bis zu 6,1 Milliarden Dollar - deutlich mehr als vom US-Konzern ursprünglich veranschlagt.

Die Bundesregierung und die Gewerkschaften hatten sich mehrfach für einen Verkauf von Opel ausgesprochen und favorisieren den kanadischen Autozulieferer Magna. Dessen Gründer und Verwaltungsratschef Frank Stronach erklärte am Abend, aus seiner Sicht seien alle offenen Punkte zwischen Magna und GM geklärt. "Alles hängt davon ab, ob GM Opel verkaufen will", sagte er am Rande einer Preisverleihung in Köln. Er zeigte sich jedoch auch offen für Kooperationen, falls der US-Konzern Opel behalten will. Vor der Sitzung wurden Magna allerdings kaum noch Chancen eingeräumt. Der Opel-Betriebsrat kündigte für Freitag Proteste vor dem Werk in Eisenach an, falls GM keine Entscheidung für Magna getroffen habe.

Deutschland hat die Existenz von Opel schon mit einem Kredit über 1,5 Milliarden Euro gesichert und ist bereit, dem Rüsselsheimer Konzern im Falle einer Magna-Übernahme weitere drei Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Falls GM den deutschen Traditionshersteller behält, müsste er den Staatskredit dagegen zurückzahlen. Auch einen Verkauf an RHJ will die Bundesregierung nicht unterstützen.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete, GM würde bei einem Verbleib Opels im Konzern voraussichtlich drei europäische Werke schließen. Betroffen wären demnach die Fabriken in Eisenach, Bochum und Antwerpen. Dies gehe aus dem Sanierungsplan für Opel hervor, den GM im Frühjahr 2009 ausgearbeitet habe. Der Kleinwagen Corsa würde dann künftig nicht mehr in Eisenach, sondern im spanischen Saragossa gebaut. Die Produktion in Bochum würde nach Rüsselsheim, ins englische Ellesmere Port und ins polnische Gliwice verlegt. Auch das Getriebewerk in Kaiserslautern solle geschlossen werden.

Neben dem Opel-Geschäft befasste sich der GM-Verwaltungsrat den Kreisen zufolge auch mit einer Neuordnung der Unternehmensspitze. In diesem Rahmen soll Finanzchef Ray Young den Detroiter Konzern verlassen. Der 47-Jährige hatte das Amt 2008 unter dem früheren GM-Chef Rick Wagoner angetreten, der weniger später von der US-Regierung aus dem Unternehmen gedrängt wurde. Auch die Marketingstrategie des lange Zeit größten Autobauers der Welt soll überarbeitet werden.

Quelle: ZEIT ONLINE, Reuters, dpa

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