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Wortlos glücklich. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Foto: dpa

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Wirtschaft: Schäuble empfiehlt Schweigen

Bundesfinanzminister und Bundesbankpräsident rechnen mit Wachstum / Herbsttagung von IWF und Weltbank

Washington - Die Risiken für die Entwicklung der Weltwirtschaft und der Märkte ergeben sich derzeit weniger aus der realwirtschaftlichen Lage als aus der Vertrauenskrise zwischen den politischen und ökonomischen Akteuren. Dieses Bild zeichneten Bundesfinanzminister Wolfgang Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesbankpräsident Jens Weidmann am Freitag am Rande der Herbsttagung von IWF und Weltbank in Washington. Zum Misstrauen tragen die unkoordinierten Äußerungen von Spitzenpolitikern unterschiedlicher Nationen, zum Beispiel zur Griechenlandkrise oder zur Verteilung der Schuld an der aktuellen Talfahrt der Märkte zwischen den USA und dem Euroraum bei. „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“, zitierte Schäuble ein deutsches Sprichwort, als er nach Äußerungen europäischer Politiker, die eine Pleite Griechenland für unabwendbar halten, gefragt wurde und nach Vorschlägen der EU-Kommissarin Viviane Reding zu gemeinsamen Anleihen der sechs Euroländer, die die höchste Bonitätsstufe „AAA“ haben.

„Die Lage ist deutlich besser als die Stimmung“, sagte Weidmann. „Es gibt aber Risiken, dass die Stimmung übergreift auf die realwirtschaftliche Lage.“ Das Wachstum habe „deutlich weniger Schwung“. Er betonte: „Eine neue Rezession ist unwahrscheinlich.“ Schäuble sagte, die aktuelle „Abkühlung“ sei „nicht so dramatisch“. Deutschland könne „mit moderatem Wachstum rechnen“.

Beide verlangten, die Euroländer „müssen die besprochenen Maßnahmen umsetzen“. Das sei der beste Weg zur Beruhigung der Märkte. Schäuble sagte, er halte nichts davon, jetzt über neue Maßnahmen in der Griechenlandkrise zu spekulieren. Er gebe „keine Bewertung ab, welche weiteren Schritte nötig sind, bevor die Troika ihren Bericht vorlegt“. Wer sich beim Wandern mit dem übernächsten Schritt beschäftige, „läuft Gefahr, beim nächsten Schritt zu stolpern“.

Verärgerung in Deutschland und Europa löst die Beschreibung der Krisenursachen durch die US-Regierung aus. Präsident Barack Obama und Finanzminister Tim Geithner betonen auffallend oft, welche Risiken sich aus der Eurokrise für die US-Wirtschaft ergeben, ohne hinzuzufügen, dass umgekehrt die US-Schuldenkrise die europäische Wirtschaft belastet. Schäuble lehnte es ab, dieses Verhalten öffentlich zu bewerten. „Was wir uns zu sagen haben, sagen wir hinter verschlossenen Türen.“ An seiner Reaktion auf eine entsprechende Frage war abzulesen, dass dies ein wunder Punkt ist. Er fügte hinzu, oft suchten Menschen „die Verantwortung lieber beim anderen als bei sich selbst“, und versicherte, im vertraulichen Gespräche sei er ein Freund offener Worte. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei ihrem Besuch im Weißen Haus im Juni als Linie ausgegeben, dass jede Regierung ihre eigenen Probleme lösen solle. Sie hatte es abgelehnt, das US-Defizit zu bewerten.

Schäuble benutzte ähnlich vorsichtige Worte, als er beschrieb, welche Anteile die USA und Europa an der Krise haben. „Die Nachrichten aus der Eurozone sind eine der Hauptursachen.“ Die G-20-Finanzminister seien sich aber auch einig, dass „die hohe Staatsverschuldung eine der Hauptursachen der Krise ist“. Damit seien unter anderem die USA gemeint. Christoph von Marschall

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