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Schering-Übernahme: Merck-Chef verteidigt sein Vorgehen

Der Vorstandschef des Pharma- und Chemiekonzerns Merck, Michael Römer, hat die umstrittene Einmischung seines Unternehmens in die Schering-Übernahme durch den Konkurrenten Bayer verteidigt.

Darmstadt - "Es ging nicht um kurzfristige Spekulationsgewinne. Wir wollten unsere strategischen Möglichkeiten wahren", sagte Römer der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ/Freitag). "Ein Bieterwettbewerb war nie unser Ziel."

Obwohl Merck im Übernahmekampf um das Berliner Pharmaunternehmen Schering gegen Bayer im Frühjahr unterlegen war, kaufte der Darmstädter Konzern in den vergangenen Wochen immer mehr Schering- Aktien hinzu und kontrollierte am Ende knapp 22 Prozent der Anteile. Kurz vor Ablauf seines offiziellen Kaufangebots erwarb Bayer am Mittwoch schließlich dieses Aktienpaket von Merck, zahlte damit aber für die Schering-Papiere einen höheren Preis als ursprünglich geplant. Merck wiederum strich einen Buchgewinn von 400 Millionen Euro ein.

"Wir wollten eine Basis schaffen, um auf ein mögliches Scheitern des Bayer-Gebots reagieren zu können. Um für diesen Fall selbst ein wichtiger Aktionär zu bleiben oder möglicherweise auch irgendwann auf 30 Prozent zu kommen", rechtfertige Römer gegenüber der "Financial Times Deutschland" (Freitag) das ungewöhnliche Verhalten von Merck. Bei Überschreiten der 30-Prozent-Marke hätte Merck den übrigen Aktionären ein eigenes Übernahmegebot unterbreiten müssen.

Aktionärsschützer forderten angesichts der Vorgänge der vergangenen Tage eine Verschärfung der gesetzlichen Regelungen. Investoren müssten besser und schneller darüber informieren, wenn sie große Aktienpakete an einem Unternehmen erwerben, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker, der "Berliner Zeitung" (Freitag). "Man sollte zumindest zwischen zehn und 25 Prozent zwei weitere Meldeschwellen einbauen." Derzeit müssen Aktienkäufe bei der Börsenaufsicht nur gemeldet werden, wenn fünf, zehn und 25 Prozent der Anteile an einem Unternehmen erworben werden.

Vorgehen rechtlich nicht zu beanstanden

Nach derzeitigem Stand sei das Vorgehen von Merck rechtlich nicht zu beanstanden, sagte Friedrich Thießen von der TU Chemnitz der Zeitung. "Hedge Fonds und Private-Equity-Investoren machen solche Strategien vor, und die anderen werden sie nachmachen."

Römer betonte, Merck wolle trotz des heftigen Ringens um Schering die gute Zusammenarbeit mit Bayer fortsetzen und etwa in der Krebsforschung möglicherweise sogar intensivieren. Konkrete Vereinbarungen mit den Leverkusenern dazu seien jedoch nicht getroffen worden. Er räumte ein, dass Merck in seiner Pharmasparte Defizite habe. "Wir arbeiten daran, in allen Richtungen. Wir treiben aggressiv die Forschung voran", sagte er der FAZ. Zur Verwendung des Gewinns aus dem Kauf und Verkauf von Schering-Aktien wollte er keine Angaben machen.

Das genaue Ergebnis des Übernahmeangebots will Bayer am 22. Juni veröffentlichen. Die Offerte ist an eine Mindestannahmequote von 75 Prozent gekoppelt. Das Erreichen dieser Schwelle halten Analysten nach der Einigung mit Merck für so gut wie sicher. Bayer kaufte auch nach Ablauf des offiziellen Kaufangebots über eine Tochtergesellschaft weitere Aktien von Schering an der Börse. Das geht aus einer in der "Börsen-Zeitung" (Freitag) veröffentlichten Anzeige hervor. Kommt Bayer auf mehr als 95 Prozent der Aktien, würde das Papier von Schering wenige Tage später aus dem Aktienindex DAX verschwinden. Einer der Kandidaten für die Nachfolge ist Merck. (tso/dpa)

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