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Für Zugfahrten nach Berlin gibt es vielleicht bald eine günstige Alternative.

© dpa

Update

Schienenverkehr: Bahn-Konkurrent plant neue Fernverbindung nach Berlin

Hoffnungsschimmer für Pendler: Ein Konkurrent der Deutschen Bahn will ab Frühherbst täglich Züge von Köln nach Berlin und Hamburg schicken. Bei entsprechender Nachfrage soll das Angebot erweitert werden.

Ein privater Investor will der Deutschen Bahn ab Frühherbst Kunden auf wichtigen Fernstrecken abjagen. Die Züge sollen von Köln nach Hannover und von dort getrennt weiter nach Berlin und Hamburg fahren, wie der Chef des Kölner Zugreiseveranstalters MSM, Niko Maedge, dem Tagesspiegel bestätigte. Zunächst seien zwei Verbindungen täglich geplant, aber "bei entsprechender Nachfrage planen wir das Angebot zu erweitern". Die ersten Trassenzusagen von der für die Vergabe zuständigen Bahn-Tochter DB Netz lägen bereits vor, sagte Maedge.

Die Preise werden sich MSM zufolge an Billigfliegern orientieren, also je nach Auslastung schwanken: Bei stärker gefragten Zügen und kurzfristigen Buchungen würden die Fahrkarten teurer. "Das wäre wirtschaftlich sonst nicht machbar", sagte Maedge der Nachrichtenagentur dpa. "Es werden aber auf jeden Fall attraktive Preise im zweistelligen Bereich sein." Die hierfür notwendigen Einsparungen würden etwa durch eine vergleichsweise schlanke Verwaltung erzielt.

Der Einstiegspreis solle für eine einfache Fahrt von Köln nach Hamburg bei 19,90 Euro liegen, bei begrenztem Kontingent. Spontane Zugfahrten auf den neuen Strecken werden aber schwierig, es herrscht nämlich kostenfreie Reservierungspflicht. "Bei uns wird es keine Stehplätze oder das Sitzen auf dem Gang geben. Sonst vergraulen wir unsere Gäste", sagte Maedge der "Financial Times Deutschland".

Zunächst wolle MSM zwei Verbindungen täglich anbieten, jeweils hin und zurück. Der Zug starte in Köln und und fahre dann mit Zwischenhalten in Düsseldorf, Duisburg, Essen, Dortmund, Hamm und Bielefeld bis Hannover. Dort werde der Zug getrennt, wobei der eine Teil weiter nach Berlin verkehre, der andere über Celle und Lüneburg nach Hamburg. Die Fahrzeit zwischen Köln und Hamburg soll auf der schnellsten Verbindung 4:04 Stunden, zwischen Köln und Berlin 4:31 Stunden betragen. Allerdings könne es an einzelnen Verkehrstagen zu Fahrzeitverlängerungen kommen.

In den Zügen, die bis zu 700 Passagieren in 14 Waggons Platz bieten, will MSM auch einen gastronomischen Service anbieten. Mit 30 Wagen und vier Loks würden genügend Reserven für Wartung und Reparatur bereit gehalten, versicherte Maedge der "FTD". Der Vertrieb wird demnach gerade aufgebaut: Tickets sollen im Internet oder in Reisebüros gebucht werden können, ab Juni will MSM das Angebot offensiv vermarkten.

Während die Bahn im Regionalverkehr schon seit längerem private Konkurrenten hat, herrscht auf Fernstrecken bisher noch ein Quasi-Monopol. Der Löwenanteil des Geschäfts auf der Schiene dürfte indes auch weiter in den Händen des Platzhirschs bleiben: Denn während MSM zunächst zweimal am Tag Köln mit Hamburg und Berlin verbinden will, kommt die Bahn laut dem Zeitungsbericht auf mehr als 40 Verbindungen allein zwischen Köln und Hamburg. Entsprechend nüchtern reagierte der Großkonzern auf die MSM-Ambitionen. "Wir sind da gelassen", sagte ein Sprecher der dpa. "Wir haben in den letzten Jahren schon gezeigt, dass wir mit Wettbewerb gut umgehen können."

MSM organisiert bisher vor allem Event-Bahnreisen, zum Beispiel mit Party- oder Sonderzügen zum Münchner Oktoberfest oder Stuttgarter Frühlingsfest. Auch ein Touristenzug, der im Winter von Hamburg aus über das Ruhrgebiet in österreichische Skigebiete fährt, gehört zum Portfolio. Im Jahr 2006 betreute das Unternehmen zudem nach eigenen Angaben auch die Sonderzugreisen der Brasilianer und Mexikaner während der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland.

Dass seine Firma nun ins Fernstrecken-Geschäft einsteigen will, habe sich aus einer längeren Marktbeobachtung und steigender Nachfrage von Kunden ergeben, sagte Maedge. "Wir sehen da durchaus Potenzial, der Markt ist da." Einen finanziellen Gewinn erwartet er im Anfangsstadium noch nicht: "In den ersten zwei bis drei Jahren müssen wir sehen, dass wir eine Null schreiben. Alles andere wäre unrealistisch." MSM hatte bereits im vergangenen August angekündigt, in den Fernverkehr einsteigen zu wollen. Damals war allerdings noch von Ende 2012 als Starttermin die Rede.

Vor MSM wollte schon der "Hamburg-Köln-Express" (HKX) der Deutschen Bahn Konkurrenz machen. HKX hatte seinen Betriebsstart ursprünglich bereits für 2010 geplant und ihn dann auf das Frühjahr 2011 verschoben. Das Vorhaben verzögert sich aber weiterhin, auch am Freitag nannte HKX keinen neuen Termin.

Bislang hat der Bahn-Konzern im Fernverkehr nur auf der Strecke Leipzig-Berlin-Rostock Konkurrenz. Dort fahren seit zehn Jahren InterConnex-Züge der Ostseeland Verkehr GmbH, einer Tochter des französischen Veolia-Konzerns. Sie sind zwei Mal täglich mit Einstiegspreisen von 14 Euro zwischen Berlin und Leipzig und einmal täglich zwischen der Hauptstadt und Rostock/Warnemünde unterwegs.

(mit dpa/AFP/rtr)

Marc Kalpidis

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