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Gesteht Fehler ein: IWF-Chefin Lagarde.

© AFP

Schlechtes Management: IWF klagt sich wegen Euro-Krise selbst an

Mit Kritik an der Griechenland-Hilfe stellt der Internationale Währungsfonds die Euro-Retter bloß.

Christine Lagarde ringt selten um Worte, wenn es darum geht, die Welt zu retten. Schließlich ist die Französin Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), jener Institution also, die gegründet wurde, um Finanzkrisen zu bekämpfen. So spielte der IWF – und das war ausdrücklicher Wunsch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) – auch bei der Euro-Rettung neben der EU- Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) die entscheidende Rolle.

Es könnte gut sein, dass Merkel die Einbindung des IWF am Donnerstag für einen Moment bereute. Die Washingtoner Institution zog drei Jahre nach dem ersten Griechenland-Hilfsprogramm eine schonungslose Bilanz. Eine Bilanz der eigenen Leistung, aber auch der anderen Euro-Retter – und damit Merkels Krisenstrategie.

Auf 51 Seiten lässt Lagarde die Fehler des Rettungsprogramms auflisten. Von „bedeutsamen Misserfolgen“ ist die Rede. „Es wurde unterschätzt, wie negativ sich das auferlegte Sparprogramm auf die griechische Wirtschaft auswirkt“, heißt es im Bericht. Es war gerade die Bundesregierung, die lange Zeit auf besonders harten Einschnitten bestand. Der IWF betont zwar, dass die Konsolidierung notwendig war. Doch die Einschnitte hätten anders verteilt werden müssen.

Immer wieder kritisiert der Währungsfonds auch seine Mithelfer, die EU-Kommission und die EZB. Sie bilden die sogenannte Troika. „Keiner der Partner scheint das Gefüge als ideal anzusehen“, heißt es in dem Dokument. Immer wieder seien „unterschiedliche Sichtweisen innerhalb der Troika“ aufgetreten.

Aus den Kapiteln zur Zusammenarbeit wird deutlich, wie mühsam und langwierig der IWF die Abstimmungsprozesse in der Währungsunion empfindet. Vor allem eine verschleppte Entscheidung nimmt der Währungsfonds den Europäern nachhaltig übel: Erst im Frühjahr 2012 stimmten sie einem Schuldenschnitt zu. Private Gläubiger wie Banken und Versicherungen mussten auf mehr als 100 Milliarden Euro verzichten.

„Es wäre wünschenswert gewesen, wenn das schon früher in 2011 passiert wäre“, sagte der beim IWF für das Griechenland-Programm zuständige Paul Thomson. Im Bericht wird kritisiert, dass in der Zwischenzeit viele private Gläubiger „fliehen“ konnten. Sie stießen ihre Staatsanleihen ab, die Euro-Staaten gingen stärker ins Risiko. Der Schuldenschnitt sei verzögert worden, weil er für Europas Regierungschefs „politisch schwierig“ gewesen sei.

Als wäre diese Abrechnung nicht schon schmerzlich genug für Merkel, legte der IWF am Donnerstag noch nach. Er veröffentlichte den dritten Kontrollbericht zur Umsetzung des laufenden, zweiten Hilfsprogramms. Auf den 189 Seiten geht es nicht nur um Vergangenheitsbewältigung. Die IWF-Experten stellen auch Forderungen – darunter ist eine, die gerade für die Bundesregierung unangenehm ist.

Der IWF bringt einen neuen Schuldenschnitt ins Spiel. „Wir haben die Zusicherung aufseiten der Europäer auf dem Tisch, zusätzliche Schuldenentlastungen zu gewähren, wenn es nötig werden sollte“, sagte Thomsen. Tatsächlich hatten die Euro-Staaten im Dezember zugestimmt, mit Griechenland 2014 über weitere Zugeständnisse zu reden. Genannt wurden allerdings nur Zinssenkungen und Laufzeitverlängerungen für die Kredithilfen. Doch der IWF will offenbar nicht noch einmal zu lange zögern. Schließlich darf er eigentlich nur helfen, wenn die Schuldentragfähigkeit eines Landes gesichert ist. Die vergangenen drei Jahre hat man zu oft die Regeln gedehnt, wie der IWF nun zugibt. Deshalb fordert er, bei einer schlechteren Lage in Griechenland „einen vorzeitigen Schuldenerlass“ zu diskutieren.

Für Merkel käme diese Diskussion allerdings zur Unzeit. Schließlich müssten dieses Mal die Euro-Staaten auf die Rückzahlung ihrer Hilfen verzichten. Erstmals würden aus Bürgschaften für die Euro- Rettung echte Verluste. (HB)

J. Hildebrand, J. Münchrath

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