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Wirtschaft: Schmider hat ausgebohrt

Der frühere Flowtexchef und verurteilte Betrüger zieht seinen Revisionsantrag zurück – vor ihm liegen acht Jahre Gefängnis

Berlin (pet). Er verkaufte Bohrgeräte, um Luxus zu finanzieren: Manfred Schmider, früherer Chef der Firma Flowtex, leistete sich teure Villen, Luxusyachten und einen eigenen Hubschrauber. Zu ganz wichtigen Terminen flog er mit dem eigenen Learjet. Doch leider beruhte der schöne Traum auf einem Trick: Schmider verkaufte Bohrmaschinen, die gar nicht existierten. Und ergaunerte damit insgesamt 4,3 Milliarden Mark. Dafür muss er jetzt definitiv ins Gefängnis. Am Montag zog Schmiders Verteidiger den Revisionsantrag gegen das Betrugsurteil zurück, gestern zog sein Pflichtverteidiger nach. „Damit ist das Urteil rechtskräftig“, sagte ein Sprecher des Landgerichts Mannheim. Im Mai war Schmider zu elfeinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt worden.

Für sein kreatives Vorgehen, meinte einmal ein geschädigter Banker, hätte Schmider den Innovationspreis des Landes BadenWürttemberg verdient. Vielleicht war er näher dran, als der Banker ahnte. Zur Grundsteinlegung der Flowtex-Zentrale 1999 kam der baden-württembergisch Ministerpräsident Erwin Teufel selbst vorbei – und lobte die Firma als „Schmuckstück der Region“. Wenige Wochen später flog der größte Wirtschaftsbetrugsskandal in der Geschichte der Bundesrepublik auf.

Es begann 1985 mit einem Flug in die USA. Schmider entdeckt bei der Firma Flow Mole eine Horizontalbohrmaschine – eine Art elektronischen Maulwurf, der meterlange unterirdische Leitungen graben kann, ohne dabei die Staße aufzureißen. Schmider bestellt 100 Stück und gründet mit seinem Kompagnon, dem Bauingenieur Klaus Kleiser, 1986 die Firma Flowtex. Noch ist alles ganz legal: Eine zweite Firma Schmiders, die KSK, verkauft die Maschinen an Banken oder Leasinggesellschaften, Flowtex mietet sie zurück, die Leasinggesellschaft verdient an den Raten.

Illegal wurde das Geschäft erst, als Schmider anfing, auch Bohrer zu verkaufen, die es gar nicht gab. Die ahnungslosen Käufer überwiesen der KSK den Kaufpreis, KSK leitete das Geld an Flowtex weiter, die damit die Leasingrate bezahlte – und Schmider finanzierte. Von den 3411 Horizontalbohrmaschinen, die Flowtex in zehn Jahren verkaufte, existierten tatsächlich nur 281. Der Schmu flog auf, als das Bundesaufsichtsamt für Finanzen bemerkte, dass Flowtex Bohrer bei einer Firma gekauft haben wollte, die schon lange in Konkurs war.

Den Revisionsantrag gegen das Urteil vom Mai 2003 zog Schmiders Wahlverteidiger am Montag überraschend zurück. Er war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Nach Informationen aus Justizkreisen soll Schmider dem psychischen Druck nach dreieinhalb Jahren Untersuchungshaft nicht mehr gewachsen sein. „Er hält es nicht mehr aus“, hieß es. Vor dem Angeklagten liegen noch acht Jahre Haft. Der Auftritt als Zeuge vor dem Flowtex-Untersuchungsausschuss des Landtags wird ihm an diesem Mittwoch trotzdem nicht erspart bleiben.

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