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Wirtschaft: Schneller Ausverkauf bei Karstadt-Quelle

Middelhoff spricht vom Durchbruch bei der Sanierung des Essener Handelskonzerns – die Börse wartet auf neue Erfolge

Berlin Die ganze Nacht hat Thomas Middelhoff noch verhandelt, kurz nach Mitternacht waren dann die Unterschriften unter den Verträgen: 74 kleinere Karstadt-Filialen, die Fachgeschäfte Sinn- Leffers und Runners-Point sind verkauft. Von Müdigkeit war Karstadt-Quelle- Chef Middelhoff allerdings nichts anzumerken, als er wenige Stunden später die Verkäufe bekannt gab. „Das ist der Durchbruch der Sanierung des Unternehmens“, sagte Middelhoff am Mittwochvormittag in Essen.

Die insgesamt 250 Geschäfte mit 10500 Beschäftigten, davon rund 1200 in Berlin, gehören jetzt britischen, deutschen und amerikanischen Finanzinvestoren (siehe Kasten). Über die konkreten Verkaufspreise schweigt Karstadt-Quelle. Die 74 Warenhäuser sei man für knapp unter 500 Millionen Euro ohne Buchverluste losgeworden, war alles, was Middelhoff dazu sagte. Gekauft worden sind sie von der britischen Hilco und der Immobiliengruppe Dawnay Day. Sie sehen den Kauf nach eigenen Angaben als langfristiges Investment und wollen das Einzelhandelsgeschäft in den Häusern fortführen. In den kommenden zwei Jahren dürfen sie das unter dem Namen „Karstadt-City“ tun. Entlassungen müssen die 4900 Mitarbeiter in den 74 Filialen zunächst nicht fürchten. Hilco-Chef Paul McGowan sagte, vorerst seien keine Entlassungen geplant, das Management solle bleiben. Zu einem späteren Zeitpunkt wolle sich Hilco aber von sieben Filialen trennen.

Obwohl das Einzelhandelsgeschäft in Deutschland derzeit schlecht läuft, zeigte sich Dawnay-Day-Chef Guy Naggar zuversichtlich: „Wenn es geht, wollen wir noch weitere Standorte finden“, sagte er. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi jedenfalls war zufrieden, dass die Warenhäuser im Paket verkauft worden sind und es keine Rosinenpickerei gegeben habe. Nun erwarte man aber von den Käufern, dass sie die Standorte erhalten und in die Zukunft investieren, sagte Verdi- Vizechefin Margret Mönig-Raane.

An der Börse allerdings gab es kaum Reaktionen auf Middelhoffs frohe Verkaufsbotschaft: Die Karstadt-Aktie legte nur leicht auf 11,37 Euro zu. Ein Grund für die ausgebliebenen Kurssprünge sind die schlechten Halbjahreszahlen der Versandhandelssparte mit Quelle und Neckermann. Der Versand schaffte nur ein operatives Plus von 16 Millionen Euro (Vorjahr: Minus 22 Millionen Euro). Als Ziel hatte sich der Konzern allerdings ein Plus von 89 Millionen Euro gesetzt. Der Warenhausbereich mit den verbleibenden 89 Karstadt-Filialen schnitt hingegen besser ab als erwartet. Operativ lag das Minus bei 57 Millionen Euro – zwölf Millionen Euro weniger als erwartet. Der Gesamtumsatz des Konzerns ging im ersten Halbjahr 2005 um rund acht Prozent auf 5,8 Milliarden Euro zurück.

In der Summe brächten alle bisherigen Verkäufe einen Erlös von 1,1 Milliarden Euro, sagte Middelhoff am Mittwoch. Bereits Mitte Juli hatte er angekündigt, dass es ein weiteres Verkaufsprogramm geben wird: Der Konzern will sich von der Karstadt-Hypothekenbank (KHB) sowie dem Ratenkreditgeschäft (ABS) trennen und so noch einmal rund eine Milliarde Euro einnehmen. Langfristig hat sich Middelhoff ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2008 soll Karstadt-Quelle 60 Prozent seines Umsatzes mit dem Stammgeschäft Warenhaus, Quelle und Neckermann erzielen. Über Internethandel, Spezialversand und Ausweitung des Auslandsgeschäfts sollen 40 Prozent erwirtschaftet werden.

Neben all den nüchternen Zahlen blieb am Mittwoch dann doch noch ein bisschen Platz für Sentimentalität: Das Karstadt-Stammhaus in Wismar – mit nur 3200 Quadratmetern eines der kleinsten – wird nicht verkauft. Eigentlich wollte sich der Konzern von allen Filialen trennen, die kleiner als 8000 Quadratmeter sind. Aber man habe sich verbunden gefühlt mit den Wurzeln des Unternehmens, sagte Middelhoff. dro/cs (HB)

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