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Wirtschaft: Schrempp freut sich über Flexibilität

Autoindustrie begrüßt Einigung bei Daimler-Chrysler/Im September beginnen Verhandlungen bei VW

Berlin Der Tarifkompromiss bei Daimler-Chrysler wurde in der übrigen Automobilindustrie begrüßt. „Damit kann mehr Wertschöpfung im Inland gehalten und der Standort gestärkt werden“, sagte Bernd Gottschalk, Präsident des Verbandes der Autoindustrie (VDA). Auch die Arbeitnehmervertreter aus der Branche äußerten sich zustimmend. Die Betriebsratschefs der wichtigsten Autohersteller und Zulieferer hatten sich am Donnerstagabend mit der IG Metall-Spitze in Frankfurt (Main) getroffen und von dort aus den Gang der Verhandlungen in Stuttgart beobachtet. In der Runde war man sich einig, dass man „zusätzliche Elemente für ein zeitgemäßes Personal- und Kostenmanagement braucht“, wie ein Teilnehmer sagte. Dazu soll unter anderem die neue Personalvermittlungsagentur „DC Move“ beitragen, die künftig junge Daimler-Arbeiter in ganz Deutschland einsetzen kann.

Nach der Einigung bei Daimler-Chrysler steht bei Volkswagen der nächste Konflikt an. Im September beginnen in Wolfsburg die Verhandlungen über die Vorstandspläne, die Arbeitskosten bis 2011 um 30 Prozent zu reduzieren. „Das wird außerordentlich hart“, heißt es bei der IG Metall. Bei VW geht es auch um längere Arbeitszeiten (Seite 17).

Daimler-Chrysler Vorstandschef Jürgen Schrempp sieht in dem Tarifkompromiss einen „Modellcharakter für den Standort Deutschland“. Das Land brauche keine pauschalen Regelungen über längere Arbeitszeiten oder weniger Urlaub. „Die Unternehmen brauchen vielmehr wieder Raum zum freien Atmen im Rhythmus der Auftragszyklen“, sagte Schrempp. Er kündigte an, dass auch der Vorstand und die rund 3000 leitenden Angestellten sich an dem Sparprogramm beteiligen. Der Konzernvorstand, der 2003 insgesamt 40,8 Millionen Euro verdient hatte, wolle bereits im laufenden Jahr die Gesamtvergütung um zehn Prozent kürzen.

Betriebsrat und IG Metall sprachen nach der nächtlichen Einigung zwar von „schmerzhaften Einschnitten“. Diese Einbußen würden aber durch die „bundesweit einmalige Stellengarantie“ von mehr als sieben Jahren wettgemacht. Betriebsratschef Erich Klemm sagte, er sei stolz auf die Einigung ohne gravierende Eingriffe in den Flächentarifvertrag. Die Mitarbeiter würden auf eine früher vereinbarte Lohnerhöhung von 2,79 Prozent im Jahr 2006 verzichten. Wegen der Reform des Entgeltrahmentarifvertrags (ERA) werde im Jahr 2006 niemand weniger verdienen als bisher. Bei einem Scheitern der Verhandlungen hatte das Unternehmen mit dem Abbau von 6000 Arbeitsplätzen im Hauptwerk Sindelfingen und einer Verlagerung der Produktion der neuen C-Klasse nach Bremen und Südafrika gedroht. Schrempp betonte, die Kostensenkungen sicherten die künftige Produktoffensive der Mercedes Car Group und ermöglichten profitables Wachstum. Die neue C-Klasse mit Varianten, das Nachfolgemodell der E-Klasse sowie Dieselmotoren könnten in den nächsten Jahren an den deutschen Standorten produziert werden.

Der baden-württembergische IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann lobte die nach einem 17-stündigen Verhandlungsmarathon erzielte Einigung. Es sei bewiesen worden, dass der Flächentarifvertrag flexibel sei und funktioniere. Mercedes-Chef Jürgen Hubbert sagte, der Standortnachteil von Sindelfingen gegenüber dem Bremer Werk werde reduziert. Derzeit wird in Sindelfingen im Jahr 72 Stunden weniger gearbeitet als im Norden, künftig sind es nur noch 42 Stunden. Ganz zufrieden sei der Vorstand jedoch nicht – „die schleichenden Wettbewerbsnachteile haben wir nicht ganz eliminieren können“, meinte Hubbert. Denn bei den symbolträchtigen Streitpunkten „Steinkühler-Pause“ (fünf Minuten je Arbeitsstunde) und Schichtzuschlägen setzte sich weitgehend der Betriebsrat durch. Hubbert hatte diese Punkte als „baden-württembergische Krankheit“ bezeichnet und war dafür von Gewerkschaften und Politikern scharf gerügt worden. Am Freitag entschuldigte er sich für seine Äußerung. „Der Prozess zur Abschaffung der baden-württembergischen Besonderheiten ist aber unumkehrbar“, wählte Hubbert am Freitag einen anderen Begriff. alf/dpa

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