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Wirtschaft: Schrempp geht – die Börse feiert

Aktie gewinnt zeitweise zehn Prozent/Deutsche Bank reduziert ihren Anteil am Konzern auf 6,9 Prozent

Berlin Der überraschende Rücktritt von Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp hat am Donnerstag an der Börse für Euphorie gesorgt. Zeitweise lag die Aktie des Autokonzerns um mehr als zehn Prozent im Plus. Der Börsenwert des Unternehmens erhöhte sich dabei binnen kurzem um fast vier Milliarden Euro. Experten hoffen nun darauf, dass der neue Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche die Probleme bei Deutschlands größtem Konzern rasch löst und die Ertragskraft steigert. Bei Handelsschluss lagen Daimler- Chrysler-Aktien noch mit 8,7 Prozent im Plus bei 39,49 Euro.

Die Deutsche Bank nutzte den Höhenflug der Aktie, um ihren Anteil an dem Konzern von bislang 10,4 auf 6,9 Prozent zu reduzieren. Die Bank teilte mit, sie habe 35 Millionen Aktien bei Investoren platziert und dabei 1,4 Milliarden Euro erlöst. Daraus resultiere ein Gewinn vor Steuern von 300 Millionen Euro. Am Morgen hatte Finanzchef Clemens Börsig in einer Analystenkonferenz noch gesagt, die Bank wolle sich weiter von dem Anteil trennen, stehe dabei aber nicht unter Zeitdruck. „Wir haben keine Not“, sagte der Finanzchef.

Zu den Gründen des Abgangs von Schrempp teilte Daimler-Chrysler nur mit, Ende 2005 sei „der optimale Zeitpunkt für einen Wechsel in der Führung des Unternehmens“. Wie das Handelsblatt aus Kreisen des Aufsichtsrats erfuhr, haben in den vergangenen Monaten jedoch mehrere Mitglieder des Gremiums Schrempp „nahe gelegt“, vorzeitig aus seinem bis April 2008 laufenden Vertrag auszusteigen. In dieser Situation habe sich Schrempp in den vergangenen Wochen entschieden, seinen Posten aufzugeben.

Schrempps Rücktritt trägt Züge einer Niederlage. Der 60-jährige Spitzenmanager wird in der Pressemitteilung des Aufsichtsrats mit keinem Wort lobend erwähnt. Darüber hinaus erhält er keine Abfindung und wird nach Konzernangaben auch nicht in den Aufsichtsrat einziehen.

Die Ära Schrempp, die vor zehn Jahren begonnen hatte, ist verbunden mit einer Reihe umstrittener und teurer Fehlschläge. Zu den wichtigsten gehören die Fusion mit dem lange Zeit unprofitablen US-Konzern Chrysler, der misslungene Einstieg bei den Autobauern Mitsubishi und Hyundai, der Versuch, mit der Marke Smart im Kleinwagensegment Fuß zu fassen, sowie das Mautprojekt Toll Collect. Zuletzt hatte es zudem bei der wichtigsten Konzernmarke Mercedes Absatz- und Qualitätsprobleme gegeben. Vor allem von Seiten der Aktionäre hatte es immer heftigere Kritik gegeben. Schrempp leitete allerdings auch den Umbau des Unternehmens vom so genannten „integrierten Technologiekonzern“ zurück zum reinen Automobilkonzern ein.

Der 52-jährige Dieter Zetsche, der vom Aufsichtsrat als Nachfolger bestellt wurde, hat sich als Sanierer von Chrysler einen Namen gemacht. Sein Nachfolger bei Chrysler soll der 51-jährige US-Amerikaner Thomas LaSorda werden.

Für die Nachfolge Schrempps war auch Mercedes-Chef Eckhard Cordes gehandelt worden. Im Unternehmen hieß es, er habe „professionell“ auf die Entscheidung für Zetsche reagiert. Wie ein Aufsichtsrat dem Handelsblatt sagte, habe Cordes jedoch seinen Rücktritt angeboten. Er zweifle am Vertrauen des Gremiums in seine Person. Der Aufsichtsrat unter der Führung von Ex-Deutsche- Bank-Chef Hilmar Kopper habe daraufhin um Bedenkzeit gebeten. Insidern zufolge kam der Mercedes-Chef nicht zum Zuge, weil er die Restrukturierung der Mercedes Car Group vorantreiben müsse.

In der Erklärung des Aufsichtsrates hieß es weiter, die Strategie des Konzerns sei nun „klar definiert“, er sei „einzigartig positioniert“. Für das zweite Quartal hat das Unternehmen bessere Ergebnisse vorgelegt als erwartet. Zwar sank der operative Gewinn um 20 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Die Mercedes Car Group, die zuvor noch Verlust gemacht hatte, erzielte jedoch wieder einen Gewinn von zwölf Millionen Euro. Daimler-Chrysler bestätigte die Prognose, wonach 2005 der operative Gewinn von 5,8 Milliarden Euro aus dem Vorjahr übertroffen wird – allerdings ohne die Sanierungskosten für Smart. Nach Angaben von Gesamtbetriebsratschef Erich Klemm will Zetsche an der mit den Arbeitnehmern bis zum Jahr 2012 vereinbarten Stellensicherung festhalten. brö/HB

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