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Wirtschaft: Schrempps Offerte lässt Stolpe kalt

Bund setzt Maut-Konsortium letzte Fristen – und sieht keinen Grund für neue Gespräche

Berlin (fo). Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) macht den Ausstieg aus dem MautVertrag juristisch wasserdicht. In dem offiziellen Kündigungsschreiben an Daimler-Chrysler, Telekom und Cofiroute, das dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es, dass „demnächst Fristen zur Nacherfüllung der Errichtung des Mautsystems und zur Vornahme der Funktionsüberprüfung sowie zur Aufnahme des vorläufigen Betriebs“ gesetzt würden. Konkrete Termine gab es am Freitag zwar noch nicht. Doch dürften diese letzten Fristen zum Start des Maut-Erfassungssystems für Toll Collect kaum zu erfüllen sein. Damit würde die Kündigung auch rechtswirksam.

Tags zuvor hatte Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp noch Hoffnungen geweckt, in zehn Tagen zu einer „gemeinsamen Lösung“ im Streit um die Maut-Einführung zu kommen. Das Stolpe-Ministerium reagierte darauf reserviert. Zur Zeit sind nach Angaben des Sprechers keine weiteren Verhandlungen geplant. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) forderte Daimler-Chrysler und die Telekom auf, ihre Position im Streit um die Lkw-Maut zu ändern. „Ich denke, das können die beiden deutschen Firmen um Deutschlands willen nicht auf sich sitzen lassen“, sagte Schröder in Potsdam. „Deshalb erwarte ich Bewegung.“

Am Dienstag hatte Stolpe die Kündigung des Vertrags bekannt gegeben. Die Unternehmen haben jetzt formal zwei Monate Zeit, ein neues Angebot zu unterbreiten. Stolpe verlangt ein deutlich besseres Angebot, vor allem was die Haftungsfragen betrifft. Technische Fragen sind nach übereinstimmenden Angaben aus Regierungs- und Industriekreisen derzeit keine großen Streitpunkte. Am Donnerstagabend erreichte die Konsortialpartner das offizielle Kündigungsschreiben des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG). Dieses Amt ist der eigentliche Vertragspartner für die Unternehmen.

In der Begründung für die Kündigung übt die Regierung scharfe Kritik an der Verhandlungstaktik der Industriekonzerne: Daimler-Chrysler, Telekom und Cofiroute, so heißt es in dem Schreiben, hätten eine Änderung des Maut-Vertrages vom Bund gefordert und „mit der Drohung verbunden“, die vertraglichen Pflichten auch „über den 31. Dezember 2004 hinaus nicht zu erfüllen“. Nach dem bestehenden Vertrag hätten die Maut-Firmen aber die Pflicht, den Schaden zu mindern. Die Regierung wertet das als eine „besonders schwerwiegende Pflichtverletzung“. Darüber hinaus wirft sie den Unternehmen vor, „unvollständig und fehlerhaft“ informiert zu haben. In dem Schreiben werden weitere Vertragsverletzungen aufgeführt, wie etwa die Weigerung, Gutachten offen- oder Unteraufträge mit Lieferanten vorzulegen. Der Bund will jetzt auch umgehend den Wert der Projektgesellschaft Toll-Collect ermitteln. Nach dem Vertrag hat er das Recht, den Konsortialpartnern das Unternehmen abzukaufen. Die drei Konsorten haben bisher etwa eine Milliarde Euro investiert.

Ein überraschendes Angebot der Europäischen Investitionsbank (EIB), die Maut-Einnahmeausfälle durch einen Kredit teilweise auszugleichen, lehnte der Sprecher des Finanzministeriums, Jörg Müller, ab. Es gebe „keine Notwendigkeit, auf den Vorschlag einzugehen“. Das Finanz- und das Verkehrsministerium suchten weiter nach Wegen, um die für 2004 benötigten Investititionen finanzieren zu können. Stolpe-Sprecher Felix Stenschke sagt dagegen, er schließe in den gemeinsamen Beratungen nichts aus. EIB-Vize Wolfgang Roth hatte gesagt, durch Einbeziehung privater Banken werde auch das Maastricht-Kriterium, das eine Obergrenze für die Staatsverschuldung von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes festschreibt, nicht berührt. Finanzexperten halten den Vorschlag aber für unrealistisch, weil in Deutschland Straßen und Schienen weitgehend vom Staat finanziert würden.

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