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Wirtschaft: Schröder verteidigt Mitbestimmung

Kanzler: Vorschläge zur Einschränkung belasten Reformbereitschaft/CDU unterstützt Arbeitgeber

Berlin - Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat die Arbeitgeber aufgefordert, die Reformbereitschaft der Menschen nicht zu überfordern. Dies gelte besonders für die Diskussion um die Mitbestimmung, sagte Schröder auf dem Arbeitgebertag am Dienstag in Berlin. „Ich warne alle, die wollen, dass Reformen gelingen: Belastet uns nicht unnötig mit dieser Debatte.“ Die Vertreter der Wirtschaft rief Schröder auf: „Helfen Sie uns, über Beteiligung Motivation zu schaffen. Das ist doch der Sinn der Mitbestimmung.“ SPD-Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering bezeichnete Forderungen nach einer Aufweichung der Mitbestimmung als „Angriff auf die Demokratie“.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) hatten ein Konzept vorgestellt, das eine deutliche Einschränkung der bisherigen Mitbestimmung vorsieht. So sollen Gewerkschafter in Aufsichtsräten keine festen Sitze mehr bekommen, und Betriebsräte soll es nur geben, wenn mindestens ein Drittel der Arbeitnehmer dafür stimmt.

Auch die Gewerkschaften kritisierten den Vorstoß der Unternehmerseite. Das Konzept stelle einen „Schritt zurück in die zwanziger Jahres des letzten Jahrhunderts dar“, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske. Dabei sei es nötig, „die Mitbestimmungsrechte auszuweiten statt abzubauen“. Die IG Metall forderte ebenfalls eine Erweiterung der Mitbestimmung. Krisenfälle wie bei Opel hätten gezeigt, dass man mehr Mitbestimmung brauche und nicht weniger, sagte der Zweite Vorsitzende der Gewerkschaft, Berthold Huber. Während Vertreter der Kapitalseite häufig nur an kurzfristigen Renditesteigerungen interessiert seien, habe die Arbeitnehmerseite auch die langfristige Perspektive der Unternehmen im Blick.

DGB-Chef Michael Sommer kritisierte, die Funktionäre des Arbeitgeberlagers wollten „das Rad der Sozialgeschichte zurückdrehen“. Einer Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge lehnen es 82 Prozent der Befragten ab, die Mitspracherechte der Arbeitnehmer zu verringern.

CDU-Chefin Angela Merkel hingegen sprach sich für Einschränkungen der Mitbestimmung aus. Die deutsche Regelung sei auf europäischer Ebene nicht haltbar, erklärte sie. Die Union sei bereit, notwendige Änderungen auch durchzufechten. Arbeitgeberpräsident Hundt bekräftigte ebenfalls den Vorschlag von BDI und BDA. Gleichzeitig warnte Hundt die Bundesregierung vor einem „Zick-Zack“ bei den großen Reformprojekten. „Wir sind auf dem richtigen Weg, aber noch lange nicht am Ziel.“

Andere Unternehmervertreter forderte Hundt zur Mäßigung auf. Es bringe nichts, sich „im Wochenrhythmus mit neuen Reformvorschlägen zu überschlagen“. Was von den Arbeitnehmern in Deutschland derzeit geschultert werde, sei ohnehin „nicht von Pappe“. „Wir müssen nicht jede Woche eine neue Sau durchs Dorf jagen“, appellierte Hundt an seine Kollegen.

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