zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Schulden schwächen Finanzkraft der Firmen

Frankfurt (Main) (shf/HB). Das weiterhin trübe Klima an den Finanzmärkten lastet zusehends auf der Nachfrage nach Investitionsgütern.

Frankfurt (Main) (shf/HB). Das weiterhin trübe Klima an den Finanzmärkten lastet zusehends auf der Nachfrage nach Investitionsgütern. Stützen die Industrieunternehmen ihre Expansion während des Booms noch stark auf Kredite, stehen sie inzwischen zusehends unter Druck, ihre Schuldenlast wieder abzubauen. Die entsprechende Kurskorrektur hat in vielen Firmenzentralen jedoch gerade erst eingesetzt, der gezielte Schuldenabbau dürfte dabei mehrere Jahre erfordern. Darauf deutet eine Analyse der Bilanzen von rund 150 Großunternehmen, die das Handelsblatt unter die Lupe genommen hat.

Insgesamt ist bei diesen Unternehmen die Verschuldung auch in den vergangenen beiden Jahren deutlich stärker gewachsen als die interne Finanzkraft. Während die Netto-Finanzverbindlichkeiten um mehr als 40 Prozent auf über 1600 Milliarden Dollar zunahmen, stieg der Geldzufluss aus dem operativen Geschäft seit 1999 lediglich um rund ein Zehntel.

Der freie Cash-Flow (siehe Lexikon) nach Sachinvestitionen, der als Beleg für die Finanzkraft der Unternehmen dient, stieg zwar im Schnitt um zwölf Prozent; doch verzehrten hohe Dividendenzahlungen und Aktienrückkaufprogramme die gewachsene Liquiditätskraft. Eine weiteres Zeichen für zu hohe Erwartungen: Viele Unternehmen leisteten sich eine ehrgeizige Expansion durch Zukäufe, die sich jedoch nicht im Cash-Flow niedergeschlagen hat. Zudem sind viele Konzerne mit relativ üppigen Investitionsplänen in das Rezessionsjahr 2001 gestartet.

Zwar erscheinen nur sehr wenige der vom Handelsblatt analysierten Unternehmen akut von Zahlungsschwierigkeiten bedroht. Angesichts der Zurückhaltung und Nervosität an den Finanzmärkten müssen viele Firmen inzwischen aber größere Teile ihrer Cash-Flows der Schuldentilgung widmen.

Darum bremsen sie ihre Investitionen. So verringerten die im Dax30 vertretenen Industrieunternehmen im ersten Quartal 2002 die Auszahlungen für Sachinvestitionen um durchschnittlich mehr als ein Viertel. Besonders stark sparten Linde, Infineon und Lufthansa. Der Trend ist freilich nicht auf Deutschland beschränkt. Auch amerikanische Konzerne wie Boeing, John Deere oder AOL haben ihre Investitionen stark gekürzt.

Damit scheinen sich die eher skeptischen Prognosen der Beobachter zu bestätigen. Goldman Sachs-Analyst Jan Hatzius etwa geht davon aus, dass sich die Belebung der Investitionsnachfrage auch bei steigenden Gewinnen verzögern wird. „Angesichts der Besorgnis über eine zu hohe Verschuldung im Verhältnis zum Eigenkapital müssen Unternehmen ihre Schulden zurückführen“, schreibt er in einer Studie. Dabei sind die Unterschiede zwischen den Industriesektoren erheblich. Vor allem Software- und Pharmaunternehmen konnten ihre Finanzposition von 1999 bis 2001 verbessern. Auch die meisten Computerhersteller weisen einen relativ geringen Verschuldungsgrad aus.

In den anderen Branchen offenbart sich dagegen ein deutlicher Anstieg der Verbindlichkeiten. Besonders stark verschuldet haben sich nicht nur Telekomfirmen. Auch bei Fluggesellschaften, Autokonzernen sowie einer Reihe von Medienfirmen und Maschinenbauern sind die Verbindlichkeiten seit 1999 zum Teil drastisch angestiegen. Ursache waren umfangreiche Zukäufe, aber auch sehr hohe Sachinvestitionen. Bei Autoherstellern und einigen Mischkonzernen wie General Electric sorgte das starke Engagement in der Absatzfinanzierung für Finanzbedarf. Um den Kunden Kredit einzuräumen, mussten sie sich ihrerseits stark verschulden.

Auch die großen Fluglinien haben in den vergangenen drei Jahren fast durchweg mehr investiert als sie im laufenden Geschäft erwirtschafteten. Was Lufthansa-Finanzvorstand Karl Ludwig Kley jüngst verkündete, dürfte daher für etliche Industrien gelten: „Das Hauptaugenmerk wird auf den Abbau der Nettokreditverschuldung gelegt."

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false