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Wirtschaft: Showdown in Sachsen

IG Metall und Arbeitgeber bereiten sich auf Verhandlungen vor/Druck auf Arbeitgeberverband wächst

Berlin (alf). Die Tarifauseinandersetzung in der sächsischen Metallindustrie kommt auf die Zielgerade. Am Freitagabend trommelte die IG Metall rund 200 Funktionäre in Chemnitz zusammen, um über die Strategie zu diskutieren und die Kampfbereitschaft ihrer Betriebsräte zu mobilisieren. Ebenfalls am Freitag trafen sich ein paar Dutzend Arbeitgebervertreter in Dresden auf Einladung des Verbandes der Sächsischen Metall und Elektroindustrie (VSME), um das bisherige Vorgehen des Verbandes zu diskutieren. Die Sachsen sind die einzigen, die noch keinen Tarifabschluss haben.

Unterdessen hieß es in Metallerkreisen, der Druck auf die VSME-Chefs, einen Kompromiss mit der IG Metall zu finden, werde größer. Offenbar sind einige Mitgliedsunternehmen des VSME nicht länger bereit, die unnachgiebige Haltung des Verbandspräsidenten Bodo Finger und seines Hauptgeschäftsführers Andreas Winkler mitzutragen. Bei VW, mit mehr als 7000 Mitarbeitern das mit Abstand größte Mitglied im Sachsenverband, hielt man sich am Freitag zurück. „Kein Kommentar“, hieß es auf Anfrage.

Die IG Metall will am Montag bei VW in Mosel bis zu 2000 Beschäftigte warnstreiken lassen, hinzu kommen einige VW-Lieferanten aus der Umgebung. Das ist aber auch schon die größte Warnstreikaktion: Um die Fronten nicht weiter zu verhärten, hält die IG Metall den Ball flach; die meisten Protestaktionen bestehen in der Einberufung von zusätzlichen Betriebsversammlungen und in der Verlängerung von Pausen. Mit diesen maßvollen Aktionen will die Gewerkschaft die Verhandlungen nicht belasten, die für den 3. März in Dresden angesetzt sind. Einen Tag zuvor trifft sich sowohl der VSME-Vorstand als auch die Tarifkommission der IG Metall zu letzten Vorbereitungen.

Wenn es nicht zu einem Kompromiss kommt, sind verschiedene Szenarien denkbar. Die IG Metall würde vermutlich mit größeren Betrieben Haustarifverträge anstreben. Der sächsische Arbeitgeberverband als Tarifverband könnte sich auflösen. Diese möglichen Folgen sind zu kontrastieren mit dem Streitwert: Zum einen ist die Zahlung von 0,7 Prozent des Lohns umstritten, zum anderen die Laufzeit des alten und damit auch des neuen Vertrags.

In den übrigen ostdeutschen Tarifbezirken wurde folgender Vertrag geschlossen: Die Metaller bekommen zum 1. März 2004 1,5 Prozent mehr Lohn und ein Jahr später einen Zuschlag um weitere 2,0 Prozent. In jedem Jahr werden jeweils noch 0,7 Prozent als so genannte Einmalzahlung gezahlt; diese Zahlung kann aber verschoben werden, wenn sich die Betriebsparteien darauf einigen. Wenn die Tarifparteien, also Arbeitgeber und IG Metall, zustimmen, kann die Zahlung sogar entfallen. Die Sachsen wollen diese Einmalzahlung nun ganz ins Ermessen der Betriebsparteien stellen; in den meisten Fällen würde dann vermutlich nicht gezahlt. Ferner wollen die Sachsen den neuen Tarifvertrag erst zwei Monate später beginnen und entsprechend später enden lassen als die anderen Tarifbezirke.

Die IG Metall lehnt das ab, weil sie ihre sächsischen Mitglieder nicht benachteiligen möchte. Allerdings würde ein Abschluss in Sachsen, der unter dem Niveau der übrigen Ost-Tarifbezirke liegt, auch die dortigen Arbeitgeberverbände düpieren. Diese würden gewissermaßen nachträglich für ihre Kompromissbereitschaft von der IG Metall bestraft. Am Freitag trafen sich die Vertreter der regionalen Arbeitgeberverbände beim Dachverband Gesamtmetall in Berlin, um die diesjährige Tarifrunde zu resümieren. Wie ein Gesamtmetall-Sprecher im Anschluss an das Treffen sagte, sei der Tarifabschluss „positiv bewertet“ worden. Das bedeutet aber auch, dass die anwesenden sächsischen Arbeitgeberfunktionäre isoliert sind. „Finger und Winkler treten den anderen Verbänden doch in den Hintern“, kommentierte ein Gewerkschafter die Lage bei Gesamtmetall.

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