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Joe Kaeser

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Siemens: Joe Kaeser ist Favorit für den Chefposten

Finanzvorstand Kaeser ist bereits seit 33 Jahre im Konzern. Er kennt den Konzern in- und auswendig.

Joe Kaeser ist der Favorit. Der Aufsichtsrat hat sich festgelegt, dass am kommenden Mittwoch ein Mitglied des Vorstands zum Vorstandsvorsitzenden bestellt wird. Neben Finanzvorstand Kaeser kommen Sigfried Russwurm (50), zuständig für Industrie, sowie Michael Süß (49, Energie) und Roland Busch (48, Infrastruktur) in Betracht. Doch tatsächlich infrage kommen vermutlich nur Kaeser und Russwurm.

Der gewiefte Finanzvorstand Kaeser gilt nicht nur als analytischer Denker und Stratege, sondern auch als hervorragender Kenner des weitverzweigten Konzerns, der durch Konjunkturflaute, Gewinnwarnungen und Projektpannen in letzter Zeit in raue See geraten war. Nun soll womöglich Kaeser das Ruder herumreißen und das Chaos bei Siemens beenden. Viele trauten ihm das schon in den vergangenen Monaten mehr zu als dem gestürzten Löscher. Dafür sorgt schon alleine Kaesers Kommunikationsstil: Weit klarer als Löscher benannte der 56-Jährige immer wieder die Lage des Unternehmens und ließ dabei auch Zweifel an Löschers Vorgaben durchschimmern.

Auch an den Kapitalmärkten genießt der 56-Jährige hohes Ansehen. Gerade das war ihm bei den Nachfolgespekulationen in den vergangenen Wochen als einer der größten Pluspunkte angerechnet worden, schließlich ließ der Kursverlauf der Siemens-Aktie doch zuletzt sehr zu wünschen übrig. Sein Ansehen wird Kaeser also in die Waagschale werfen müssen, denn die jüngsten Hiobsbotschaften beim Dax-Schwergewicht Siemens hatten die Börsen zeitweise heftig in Aufruhr versetzt.

Dabei würde Kaeser sein neues Amt nicht unbelastet antreten: Der Manager hatte qua Zuständigkeit an den Gewinnzielen mitgerechnet, deren wiederholte Streichung Löschers Rauswurf nun vorausgingen. Allerdings soll er die Aufsichtsräte schon vor Monaten auf Defizite im Unternehmensprogramm „Siemens 2014“ hingewiesen haben, mit dem sechs Milliarden Euro in zwei Jahren gespart werden sollen.

Der gebürtige Niederbayer Kaeser, der eigentlich Josef Käser heißt, hat sein ganzes Berufsleben bei Siemens verbracht. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft, das er mit dem Diplom abschloss, begann er seine berufliche Laufbahn 1980 im Unternehmensbereich Bauelemente von Siemens. Es folgten verschiedene Stationen im Konzern, zunächst als kaufmännischer Leiter und später dann als Vorstand der früheren Siemens-Mobilfunksparte ICM sowie als Leiter der Konzernstrategie noch unter dem früheren Siemens-Chef Heinrich von Pierer.

Im Mai 2006 wurde Kaeser dann unter Pierers Nachfolger Klaus Kleinfeld Finanzvorstand von Deutschlands größtem Elektrokonzern. Damit hat er sich als einziger Manager aus der alten Garde in der Siemens-Führungsriege gehalten. Die Korruptionsaffäre kostete Siemens zwar Milliarden, aber Kaeser nicht den Job.

Die Entscheidung für Kaeser dürfte auch Arbeitnehmervertretern entgegenkommen. Der 56-Jährige gelte als Pragmatiker, als „einer, der Lösungen will“, heißt es. Gegen Kaeser spricht die Profession: Als Betriebswirt und Kaufmann ist er weit weg von den technologischen Produkten und Prozessen, die den Konzern mit seinen vier Säulen ausmachen.

Da würde Russwurm besser passen. Der 50-Jährige ist Chef der Industriesparte und arbeitet seit 1992 für Siemens. Die Geschäfte der Industriesparte führt er von Erlangen aus, wo sich Löscher angeblich selten blicken ließ. Das soll dazu geführt haben, dass zwischen Russwurm und Löscher die Distanz immer größer wurde. Erlangen, wo wichtige Aktivitäten von Siemens – neben Industrie und Energie auch die Medizintechnik – sitzen, soll Löscher ziemlich fremd geblieben sein.

Nur Außenseiterchancen hat der gerade mal 49-jährige Michael Süß. Immerhin ist er, wie Russwurm auch, Diplomingenieur. Süß, in München geboren, begann seine Karriere bei BMW. Mitte der 90er Jahre wechselte er zu Porsche, anschließend zu MTU. Im Oktober 2006 kam Süß zu Siemens, damals als Mitglied des Bereichs Kraftwerkstechnik. Erst seit April 2011 ist er Vorstandsmitglied und zuständig für den Geschäftsbereich Energie. Alles in allem ist er wohl zu jung und zu frisch im Vorstand, um für den Spitzenjob infrage zu kommen. mit dpa

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