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Wirtschaft: Siemens löst das Handyproblem

Aufsichtsrat entscheidet am Montag über Zukunft von 6000 Beschäftigten / Kooperation mit japanischem Partner wahrscheinlich

Berlin/München - Der Elektrokonzern Siemens steht kurz davor, die Probleme mit seiner Handysparte zu lösen. Am heutigen Montag werde das Thema den Aufsichtsrat in einer Telefonkonferenz beschäftigen, sagte ein Konzernsprecher am Sonntag dieser Zeitung. „Ob es dann am Dienstag eine Mitteilung über ein Joint-Venture mit einem asiatischen Partner geben wird, kann ich nicht kommentieren“, sagte er weiter. Über die Details eines Gemeinschaftsunternehmens und die Folgen für die rund 6000 Arbeitsplätze bei der Siemens-Sparte in Deutschland wollte sich der Sprecher nicht äußern. Regulär hätte der Aufsichtsrat erst Ende Juli wieder tagen müssen.

Die Siemens-Handysparte hatte dem Konzern in den vergangenen Monaten pro Tag Verluste von mehr als einer Million Euro beschert. Klaus Kleinfeld, seit Februar Vorstandschef von Siemens, hatte daher Ende April angekündigt, „in Kürze“ werde es eine Lösung für die Sparte geben. Dazu hatte er sie aus der Kommunikationssparte ausgegliedert und in eine eigenständige Personengesellschaft umgewandelt. Das sollte die Verhandlungen mit Partnern erleichtern. „Wir garantieren, dass es auch künftig Handys der Marke Siemens geben wird“, hatte Kleinfeld damals versichert. Seither war jedoch nichts weiter geschehen.

Bereits seit Herbst sucht Siemens nach einer Lösung. Zeitweise hatte der Vorstand auch die Schließung und den kompletten Verkauf nicht ausgeschlossen. Es war aber wahrscheinlicher geworden, dass die Münchener im Zuge einer Neuaufstellung die Mehrheit an dem Bereich abgeben werden. Wer allerdings als Partner in Frage kommt, ist noch unklar. Der südkoreanische Anbieter Samsung Electronics hatte ebenso wie Nortel abgewinkt. Auch Motorola, mit dem Siemens zusammen UMTS-Geräte entwickelt, hatte ein Interesse verneint. Als möglicher Partner gilt NEC, mit dem Siemens in der Telekommunikation seit Jahren erfolgreich zusammenarbeitet.

Ein starkes Interesse am Handy-Geschäft von Siemens hatten in den vergangenen Wochen Finanzinvestoren. Dem Vernehmen nach wollten mehrere Private-Equity-Häuser einsteigen. Siemens lehnte die Angebote ab, weil sich der Konzern offenbar seinen Mitarbeitern gegenüber verpflichtet fühlte, die Arbeitsplätze zu erhalten. Finanzinvestoren, so die Befürchtung, hätten die beiden deutschen Werke in Bocholt und Kamp-Lintfort schnell dicht gemacht und die Fertigung nach Asien verlagert.

In der Siemens-Belegschaft war die Nervosität gewachsen, nachdem es über Wochen nichts Neues gegeben hatte. „Die Mitarbeiter sind tief beunruhigt, weil es vom Management keine klaren Aussagen über ein Zukunftskonzept gibt“, sagte die Betriebsratsvorsitzende vom Münchner Standort Hofmannstraße, Stella Heuss. „Die nervliche Belastung ist enorm“, berichtete auch Franz Tölle von der IG Metall Nordrhein-Westfalen. In Bocholt und Kamp-Lintfort hatten die Beschäftigten vor einem Jahr Einbußen von rund 30 Prozent akzeptiert und somit die Verlagerung nach Ungarn verhindert.

Aber selbst wenn das Problem mit dem Handy-Geschäft gelöst ist, warten auf Siemens-Chef Kleinfeld weitere Aufgaben in der Kommunikationssparte Com. Im größten Konzernbereich laufen fünf der acht Bereiche schleppend, darunter das Firmenkunden- und das Festnetzgeschäft. Bereichschef Lothar Pauly hatte dort kürzlich „hohen Handlungsbedarf“ diagnostiziert. Gerüchten zufolge wird Siemens Com im laufenden Geschäftsjahr einen Verlust von rund 80 Millionen Euro einfahren. Ursprünglich hatte Siemens einen Gewinn von 300 Millionen Euro angepeilt. Analysten erwarten, dass die Restrukturierung und die Neuausrichtung der Sparte die Bilanz mit bis zu einer Milliarde Euro belasten könnte. mit HB

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