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Wirtschaft: Siemens „relativ happy“ mit der Handysparte

Vorstandschef Kleinfeld gibt nur verhaltenen Ausblick für das Gesamtjahr – der Aktienkurs gibt nach

Lissabon - Nach hohen Verlusten in der Sorgensparte Mobilfunk greift Siemens jetzt durch: Das Geschäft mit Handys wird in eine rechtlich eigenständige Einheit ausgegliedert. Eine Schließung der Sparte ist damit vom Tisch. Die Handy-Probleme lasteten im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2004/05 schwer auf dem Geschäft des Technologiekonzerns. Der neue Siemens-Chef Klaus Kleinfeld musste deshalb am Mittwoch ein durchwachsenes Ergebnis verkünden. Auch für das Gesamtjahr gab er einen verhaltenen Ausblick. Das kam an der Börse nicht gut an. Die Aktie verlor rund 1,9 Prozent auf 57,07 Euro.

„Ich bin jetzt in der Handysparte relativ happy mit dem Stand der Dinge“, sagte Kleinfeld dem Tagesspiegel am Mittwoch am Rande der Pressekonferenz in Lissabon. Der Bereich, der seit vier Quartalen tiefrote Zahlen schreibt, soll aus der Kommunikationssparte herausgelöst und innerhalb von drei Monaten in eine eigenständige Personengesellschaft überführt werden. Diese Konstruktion soll Verhandlungen mit Partnern formal erleichtern. „Wir wollen keine Werte vernichten, und wir garantieren, dass es auch künftig Handys der Marke Siemens geben wird“, versicherte Kleinfeld bei seinem ersten offiziellen Auftritt.

Siemens werde in Kürze über einen Zusammenschluss mit einem oder mehreren Partnern entscheiden. Zu Spekulationen über den Einstieg des US-Konkurrenten Motorola oder asiatischer Partner wie Acer, Ningbo Bird und Huawei wollte sich Kleinfeld nicht äußern. Finanzchef Heinz-Joachim Neubürger sagte, es sei unwahrscheinlich, dass Siemens bei einer Kooperation die Mehrheit behalten werde. Bereits im Herbst hatte Ex-Siemens-Chef Heinrich von Pierer auf eine rasche Lösung gedrängt.

Während Konkurrenten wie Nokia, Motorola und Ericsson jüngst glänzende Geschäftszahlen vorgelegt hatten, verringerten sich bei Siemens die Verluste in der Handysparte nur geringfügig auf 138 (Vorquartal: 143) Millionen Euro. Das Ergebnis zog den gesamten Kommunikationsbereich, der ein Viertel zum Konzernumsatz beisteuert, mit 19 Millionen Euro ins Minus.

Die strategische Neuausrichtung des Bereichs werde für Siemens zu weiteren Belastungen führen, die sich nach Angaben von Kleinfeld „aus heutiger Sicht aber weder beziffern noch zeitlich bestimmen lassen“. Daher stellte Kleinfeld die ursprüngliche Prognose, im Gesamtjahr einen leichten Ergebniszuwachs zu erreichen, in Frage. Ob Siemens dieses Ziel erreiche, sei „heute schwer einzuschätzen“. Trotzdem gab Kleinfeld ambitionierte Ziele vor. Alle 13 Geschäftseinheiten sollen in den kommenden 18 bis 24 Monaten ihre Zielmargen erreichen. Bisher erfüllt nur die Hälfe die Vorgaben.

Insgesamt steigerte Siemens den Umsatz im zweiten Quartal um 4,3 Prozent auf 18,56 Milliarden Euro. Der Auftragseingang stieg um fünf Prozent. Der operative Gewinn lag mit 1,1 Milliarden Euro leicht unter den Erwartungen von Analysten. Der Nachsteuer-Gewinn sank um 3,2 Prozent auf 781 Millionen Euro.

Neben der Kommunikationssparte bereitet auch der IT-Dienstleister SBS Siemens weiter Sorgen. Der Bereich fuhr im zweiten Quartal einen Verlust von 129 Millionen Euro ein. „Hier werden wir das Tempo deutlich erhöhen“, sagte Kleinfeld. Schon seit Monaten steht ein Verkauf von SBS zur Debatte. Verhandlungen mit potenziellen Partnern gebe es aber noch nicht, sagte Kleinfeld.

Einen Lichtblick sieht Siemens bei der Transportsparte, die 2004 mit Qualitätsproblemen bei Combino-Straßenbahnen zu kämpfen hatte. Im zweiten Quartal machte die Sparte erstmals wieder einen Gewinn von vier Millionen Euro (Vorjahresquartal: minus 289 Millionen).

In der Kapitalismus-Diskussion mahnte Kleinfeld, „sich nicht in ideologische Debatten zu vertiefen, bevor nicht Sachargumente auf dem Tisch liegen“. Er stellte klar, dass Siemens sich seiner sozialen Verantwortung für den Standort Deutschland bewusst sei. „Wettbewerbsfähig bleiben wir aber nur, wenn wir in Entwicklung und Produktion möglichst flexible Arbeitsbedingungen schaffen.“ Dazu gehöre auch die teilweise Verlagerung von Stellen in Niedriglohnländer.

Nicole Huss

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