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Solarreform: Kein bisschen eitel Sonnenschein

Minister Norbert Röttgen reformiert die Solarförderung. Doch heute scheint kaum jemand mehr mit Röttgens Gesetzentwurf zufrieden zu sein: Die Verbraucherschützer nicht, die Unternehmen nicht, die Energieverbände nicht – und die Mitarbeiter der Solarfirmen sowieso nicht.

Auf den heutigen Mittwoch hat Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) lange hingearbeitet. Am Vormittag soll das Bundeskabinett seine Reform der Solarförderung absegnen, damit sie noch im März im Bundestag verabschiedet werden kann. Es soll der erste konkrete Schritt zu dem oft angekündigten ganzheitlichen Energiekonzept der Regierung werden. Doch heute scheint kaum jemand mehr mit Röttgens Gesetzentwurf zufrieden zu sein: Die Verbraucherschützer nicht, die Unternehmen nicht, die Energieverbände nicht – und die Mitarbeiter der Solarfirmen sowieso nicht.

Norbert Röttgen wollte folgendes Problem lösen: Solaranlagen produzieren zwar gerade mal ein Prozent des Stroms in Deutschland, kosten die Verbraucher, die die Förderung über eine Umlage auf den Strompreis zahlen, aber viele Milliarden Euro. Röttgen wollte diesen Widerspruch auflösen: Konkret will er Stromkunden entlasten, ohne aber der heimischen Solarbranche zu schaden.

Deren Mitarbeiter gingen in den vergangenen Wochen mehrfach auf die Straße, Chefs von Solarmodulherstellern wetterten gegen den von ihnen sogenannten Kahlschlag, weil die von Röttgen geplante einmalige Absenkung der Fördersätze um 16 Prozent dafür sorgen könnte, dass weniger Solarmodule in Deutschland verkauft werden. Hinter vorgehaltener Hand hörte man aber aus der Branche, dass die meisten Solarunternehmen diese Kürzungen verkraften dürften – weil die Solarmodulpreise zuletzt deutlich gesunken sind, was den Verkauf ankurbeln dürfte, und viele Hersteller auch ihre Produktivität gesteigert haben.

Neben der allgemeinen Kürzung der Einspeisevergütung um 16 Prozent hat Röttgen weitere Instrumente in die Novelle eingebaut, deren Sinnhaftigkeit Experten aber bezweifeln: So will Röttgen, dass Betreiber von Solaranlagen auf Hausdächern für den Strom, den sie selbst verbrauchen, mehr als doppelt so viel Geld wie bisher bekommen – ab Sommer acht statt bisher 3,6 Cent je Kilowattstunde. Erklärtes Ziel ist es, die Stromnetze zu entlasten. „Mit der Regelung zum Eigenverbrauch wird die angestrebte Entlastung der Netze aber nur in Ausnahmefällen erreicht“, sagte Hildegard Müller, Chefin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, dem Tagesspiegel. „Es können durch diese Maßnahme ganz im Gegenteil sogar zusätzliche Lastspitzen auftreten. Dies führt zu erheblichen zusätzlichen Kosten, die über die EEG-Umlage wieder von den Verbrauchern bezahlt werden müssen. Die Eigenverbrauchsförderung ist damit kein geeignetes Instrument, um eine volkswirtschaftlich optimale Nutzung der erneuerbaren Energien herbeizuführen“, sagte Müller.

Seltene Zustimmung erfährt sie dabei von Holger Krawinkel, dem Energieexperten des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Röttgens Förderung des Eigenverbrauchs von Solarstrom fördere nur einen Mitnahmeeffekt – „ohne, dass diese Stromerzeuger irgendetwas für die Netzinfrastruktur leisten“. Am Ende dürfte die Regelung sogar dafür sorgen, dass der Staat weniger Stromsteuern einnimmt und Gemeinden Konzessionsabgaben verlieren, sagt Krawinkel.

Eine weitere Röttgen-Regel macht vor allem den Projektentwicklern Kummer. Der Minister will die Solaranlagen von den grünen Wiesen vertreiben. Großkraftwerke auf Äckern sollen gar nicht mehr gefördert werden. Dumm für Unternehmer wie Kambis Ebrahimi, Geschäftführer des mittelständischen Projektentwicklers PV Strom aus Kirchheim am Neckar. Er will im Auftag zweier Investoren für knapp 135 Millionen Euro ein solares Großkraftwerk südwestlich von Ingolstadt errichten, das immerhin zwei Prozent der Strommenge eines Atomkraftwerkes erzeugen kann. 2,8 Millionen Euro Kosten sind schon entstanden. Alle Genehmigungen hat er bereits. Doch wenn Röttgens Gesetz kommt, gibt es keinerlei Förderung mehr. Statt gut acht Prozent Rendite würden die Anleger Verlust machen. „Wir brauchen das Solarkraftwerk aber als Referenz für Kunden aus dem sonnenreichen Ausland“, sagt Ebrahimi. „Ich hoffe, dass die Regierung den Vertrauensschutz gewährleistet und uns ein Jahr mehr Zeit, bis Ende 2011, gibt, um den Park nach der alten Regelung fertigzustellen“.

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