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Wirtschaft: SPD streitet um Zukunft der Privatkasse

Verband fürchtet „Einheitskassen“, wenn rot-grünes Konzept der Bürgerversicherung umgesetzt wird

Berlin In der SPD gibt es Streit darüber, was bei der geplanten Einführung einer Bürgerversicherung mit Privatversicherten passiert. „Die große Frage ist, wie und über welchen Zeitraum die Privatversicherten in eine Bürgerversicherung integriert werden sollen“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Martin Pfaff am Dienstag. Nach Vorstellungen von SPD-Parteichef Franz Müntefering sollten gesetzliche und private Versicherungen „nebeneinander oder miteinander“ als Bürgerversicherung fungieren. „Ich persönlich habe mich noch in keiner Weise entschieden“, sagte der SPD-Chef.

Die Zeit drängt. Bereits Ende August will die SPD das Konzept der SPD-Arbeitsgruppe Bürgerversicherung präsentieren. Bei der Bürgerversicherung sollen neben Arbeitnehmern auch Beamte und Selbstständige in die Versicherung einzahlen, Nebeneinkünfte wie Mieten und Kapitaleinkünfte sollen nach ursprünglichen Plänen ebenfalls beitragspflichtig werden, doch dies ist inzwischen umstritten. Die Bürgerversicherung ist das Gegenmodell zum CDU-Vorschlag der einkommensunabhängigen Kopfpauschale.

Die DGB-VizeChefin Ursula Engelen-Kefer forderte, bei der Einführung der Bürgerversicherung wettbewerbsverzerrende Elemente zwischen privaten und gesetzlichen Kassen „stufenweise“ aufzuheben. Es dürften in Zukunft keine Anreize mehr für die privaten Versicherungen gegeben werden, die Versicherten nach dem geringsten Gesundheitsrisiko auszuwählen, sagte sie. Dagegen befürchtet Pfaff bei einem gleitenden Übergang juristische Probleme. Viele Fachleute sprächen sich daher für eine Stichtagsregelung aus. Privatversicherte, die nach dem Stichtag in die private Krankenversicherung einträten, würden dann automatisch Mitglied der Bürgerversicherung. Die Frage sei noch nicht abschließend geklärt.

Die privaten Krankenversicherer befürchten, dass mit den SPD-Plänen, Bürgern künftig eine Wahlfreiheit zwischen privaten (PKV) und gesetzlichen Kassen (GKV) zu ermöglichen, der Weg zur Einheitskasse vorgezeichnet ist. Es handele sich dabei nur um eine „Scheinwahlfreiheit“ für die Bürger, da die PKV „in Wahrheit zu einer Art GKV verändert“ würde, erklärte der PKV-Verband. Die PKV könne ihre Beiträge dann „nicht mehr risikogerecht mit Alterungsrückstellungen“ berechnen. Die privaten Kassen legen einen Teil der Beiträge ihrer Versicherten für deren Alter zurück. Der Beitragsanstieg für Senioren wird so abgemildert.

Auch deshalb erwartet der Gesundheitsökonom Bert Rürup juristische Einwände gegen die Bürgerversicherung. Es sei offen, was mit den 85 Milliarden Euro Alterungsrückstellungen in der PKV geschehen solle. Ungeklärt sei auch die Frage, wie mit Privatversicherten verfahren werde, die nicht in die Bürgerversicherung wechseln wollten. Zudem stelle sich die Frage, ob es verfassungskonform sei, mit der Bürgerversicherung das bisherige Geschäftsmodell der privaten Krankenversicherung abzuschaffen.

Innerhalb der SPD wird es derweil immer unwahrscheinlicher, dass Mieten bei der Beitragsbemessung einbezogen werden. Laut „Financial Times Deutschland“ ist bei der Einbeziehung weiterer Einkommensarten der Aufwand hoch und der Ertrag gering. Die Entscheidung, ob man Beiträge auf Mieteinnahmen erhebe, sei noch nicht gefallen, sagte Regierungsberater Karl Lauterbach. pet/has/hmt

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