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Wirtschaft: SPD verzögert den Start neuer Immobilienfirmen

Finanzpolitiker finden REIT-Gesellschaften unsozial

Berlin - Auch nach der Vorlage eines ersten Gesetzentwurfs wehren sich die SPD-Finanzpolitiker gegen die Einführung von börsennotierten Immobiliengesellschaften (REITs). Es gebe noch „eine ganze Reihe offener Probleme“, sagte der SPD-Finanzpolitiker Jörg-Otto Spiller dem Tagesspiegel. Bevor diese nicht ausgeräumt seien, könne „niemand davon ausgehen, dass es REITs in Deutschland geben wird“.

Auf Drängen von Abgeordneten und Bundesländern hatte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) in der vergangenen Woche einen ersten Gesetzentwurf zur Einführung des neuen Finanzmarktinstruments vorgelegt. Die große Koalition hatte sich bereits in den Koalitionsverhandlungen deren Einführung für Anfang 2007 vorgenommen. Bei REITs handelt es sich um Aktiengesellschaften mit Börsennotierung, die sich ausschließlich mit der Bewirtschaftung von Immobilien befassen.

In Steinbrücks Entwurf sind den Gesellschaften klare Regeln zu den maximalen Beteiligungsverhältnissen einzelner Anteilseigner, den Geschäftsfeldern und Veröffentlichungspflichten vorgeschrieben. Ziel der Koalition ist es nicht nur, größere Transparenz in den Immobilienmarkt zu bringen, sondern auch die deutschen Unternehmen dazu zu bewegen, ihren milliardenschweren Immobilienbesitz, der nicht betriebsnotwendig ist, in Gesellschaften einzubringen, deren Aktien in Deutschland handelbar sind. Bei einem Scheitern des Projekts wird befürchtet, dass insbesondere ausländische Fondsgesellschaften in Deutschland Immobilien erwerben und dann an ausländischen Börsen als REITs handeln.

Der Vorteil der speziellen Gesellschaften liegt in ihrer völligen Befreiung von Körperschaft- und Gewerbesteuerzahlungen. Dafür müssen die REITs allerdings in jedem Jahr 90 Prozent ihrer Gewinne an die Anleger ausschütten, die sie dann mit ihren persönlichen Steuersätzen versteuern müssen. Darin liegt einer der Knackpunkte für die Sozialdemokraten im Bundestag. Sie befürchten, dass die Gewinne in großem Stil ins Ausland gebracht und damit dem deutschen Fiskus nicht zur Versteuerung zur Verfügung stehen. Skeptisch sehen sie auch, dass Steinbrück deutschen Unternehmen gestatten will, innerhalb der ersten vier Jahre ihre Immobilienbestände verbilligt in die REITs einbringen zu können. Laut Entwurf sollen die Unternehmen bei der Übertragung nur die Hälfte des Verkehrswertes der – zumeist schon vollständig abgeschriebenen – Immobilien als Gewinn versteuern müssen.

Zudem sorgen sich die SPD-Politiker vor sozialen Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt, wenn auch – wie in Steinbrücks Entwurf vorgesehen – Wohnimmobilien in REITs eingebracht werden können. Nach der Vorlage von Steinbrück hat die Unterarbeitsgruppe „REITs“ der SPD-Fraktion allen sozialdemokratischen Abgeordneten in einem Brief ihre Skepsis mitgeteilt und darauf verwiesen, dass der Entwurf des Ministeriums „die Bedenken nicht ausräumen konnte“. Die Arbeitsgruppe Finanzen der Fraktion will sich nun Mitte Oktober mit dem Entwurf befassen, derweil eine Länder-Arbeitsgruppe die in einzelnen Bundesländern bestehende Skepsis ausräumen soll. Mit einer Befassung des Bundeskabinetts wird deshalb frühestens im Winter dieses Jahres gerechnet, mit einem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens erst im Frühjahr 2007. asi

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