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Wirtschaft: Speisewagen werden ausrangiert

Die Deutsche Bahn wird ihre Speisewagen abschaffen und zu Bistros umbauen. "Nur fünf Prozent der Reisenden besuchen den Restaurantwagen", begründete Hans Koch, Vorstand für den Bereich Marketing und Vertrieb bei der Deutschen Bahn, die Umstellung am Mittwoch in Berlin.

Die Deutsche Bahn wird ihre Speisewagen abschaffen und zu Bistros umbauen. "Nur fünf Prozent der Reisenden besuchen den Restaurantwagen", begründete Hans Koch, Vorstand für den Bereich Marketing und Vertrieb bei der Deutschen Bahn, die Umstellung am Mittwoch in Berlin. Vor allem in der ersten Klasse will die Bahn die Reisenden direkt am Platz versorgen. Am 1. August startet das neue Konzept auf der ICE-Strecke Köln-Frankfurt.

Die Bahn verspricht sich von ihrem neuen Gastronomiekonzept vor allem zufriedenere Kunden. "Wir werden keine Kosten sparen", sagte Koch. Im Gegenteil: Der Umbau werde pro Zug 400 000 Euro kosten. Zwar erhofft das Unternehmen sich laut Koch "moderate Umsatzzuwächse" im Gastronomiebereich, da mit dem mobilen Service mehr verkauft werde. Hauptmotivation sei jedoch, die Kunden zufrieden zu machen, damit sie öfter mit der Bahn reisen, sagte Bahn-Sprecher Gunnar Meyer. In einer Marktstudie hat die Deutsche Bahn herausgefunden, dass mehr als 50 Prozent der Reisenden an Bord essen, aber nur 15 Prozent Speisen an Bord kaufen. Von den fünf Prozent, die den Restaurantwagen nutzten, verzehre nur ein Prozent ein Hauptgericht. Der Grund: die Angst, den Platz samt Gepäck zu verlassen sowie die teuren Preise. Und: "Die Leute arbeiten mehr während der Fahrt und essen leichtere Mahlzeiten", sagte Koch. Auch die Snacks in den Bahnhöfen und die Würstchenbuden auf den Bahnsteigen machten den Speisewagen Konkurrenz.

Ein Stück Reisekultur geht verloren

Verbraucherschützer sehen die Abschaffung der Speisewagen kritisch. "Das ist eine katastrophale Fehlentwicklung", sagt Carel Mohn, Sprecher des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Damit würden die Fahrgastrechte bei der Bahn weiter verschlechtert. "Ein Stück Reisekultur geht verloren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kunden damit zufrieden sind, im Stehen zu essen." Auch der Fahrgastverband Pro Bahn hält das neue Konzept für eine Service-Verschlechterung: "Auf längeren Strecken ist es für die Fahrgäste unakzeptabel, keinen Speisewagen zu haben", sagt Pro-Bahn-Sprecher Jochen Kemnitz.

Die Bahn setzt auf mehr Umsatz im Bistro, da die Fahrgäste dort nicht stundenlang sitzen bleiben können wie im Speisewagen - schließlich wird im Stehen gegessen. Das Bistro soll künftig mehr als doppelt so groß werden und zusätzlich die Hälfte des Speisewagens einnehmen. Der Rest des neu geschaffenen Platzes werde mit neuen Sitzen ausgestattet, sagte Koch. Das Bistro wird die ganze Fahrt über geöffnet sein und nur "leichte Trendgerichte" anbieten. Das heißt Salate, Nudelgerichte oder auch Antipasti.

Vor allem in der ersten Klasse setzt die Bahn auf die Bedienung direkt am Platz - "hier sollen 100 Prozent der Fahrgäste bedient werden". Den Reisenden in der zweiten Klasse verspricht Koch nicht so viel. Während der mobile Service in der ersten Klasse "zuverlässig" sein soll, könne er in der zweiten Klasse nur einen "verbesserten" Service garantieren. Der Grund: Die oft überfüllten Züge, die es gar nicht zulassen, einen Wagen durch die Gänge zu schieben. "Das ist eine Herausforderung" gab Koch zu. Die Bahn hofft, dass ihr neues Tarifsystem überbesetzte Züge künftig verhindern wird. Mit dem neuen System ist das Ticket umso günstiger, je früher man es reserviert.

Das mobile Angebot in der zweiten Klasse unterscheidet sich auch in Qualität und Preis von der ersten. Der Kaffee wird nicht in der Mehrwegtasse, sondern im Pappbecher serviert, Sandwiches und Salate sind laut Koch "weniger hochwertig". Um die Preise niedrig zu halten - für ein Sandwich plus Bier peilt die Bahn 5,20 Euro an - gibt es in beiden Klassen "Pakete" aus Essen und Getränk.

Mitropa verschwindet aus den Zügen

Die Mitropa wird aus den Zügen verschwinden. "Die Bahn-Mitarbeiter und die Mitropa-Angestellten werden zu einem Team verschmelzen", sagte Koch. Die Bahn werde die Mitropa-Mitarbeiter "1:1" übernehmen. Alle werden dieselbe Uniform tragen und in den Bereichen Gastronomie und Zugbegleitung übergreifend arbeiten. "Das Gastronomiepersonal muss auch Fahrplanauskünfte geben können", sagte Koch. "Die Mitropa wird weiterhin unser Caterer bleiben", versicherte der Vorstand. Die Service-Tochter der Bahn hat jahrelang Verluste gemacht; im vergangenen Jahr kursierten Spekulationen über einen Verkauf.

Nach der Einführung des neuen Konzepts in den ICE-Zügen auf der Köln/Rhein-Main-Strecke am ersten August sollen ab 15. Dezember alle ICE-3-Züge umgebaut sein. Die übrigen Zügen des Fernverkehrs sollen dann nach und nach umgerüstet werden.

fw

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