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Künstlich vergrößert - wann platzt die Blase?

© dpa

Im Rausch: Spekulationsblase Facebook

Facebook ist teurer als Daimler, Twitter so viel wert wie der Flughafen Frankfurt - obwohl niemand Genaues über den tatsächlichen Wert des Unternehmens weiß. Wann platzt die Blase?

Geheimnisse, Gerüchte und Verknappung schaffen Interesse. Das gilt auch für Facebook. Zwar gibt es kaum verlässliche Informationen über Umsatz, Gewinn und Nutzerzahlen des sozialen Online- Netzwerks. Dennoch reißen sich Investoren bereits vor dem möglichen Börsengang im kommenden Jahr um Anteile an dem US-Unternehmen. Getrieben werden sie von einer Vision, die Facebook- Chef Marc Zuckerberg jüngst so formulierte: Facebook wird das neue Google.

Möglich sind Käufe vorläufig nur außerbörslich, über kaum regulierte Handelsplattformen wie Sharespost oder Secondmarket, bei denen Investoren versuchen, den 500 bis 600 Anteilseignern ein paar Aktien abzujagen, etwa Ex-Mitarbeitern oder früheren Geldgebern. Der Wert von Facebook wird aktuell bei Sharespost auf 79 Milliarden Dollar oder 56 Milliarden Euro taxiert, also höher als Daimler – oder so hoch wie Deutsche Post, Munich Re und VW zusammen. Legt man zugrunde, dass der Debattier- und Kontaktclub mit 600 Millionen Konten weltweit in den ersten neun Monaten 2010 gerade 355 Millionen Dollar verdient hat und im Gesamtjahr möglicherweise eine halbe Milliarde Gewinn erreichte, bedeutet das: Investoren sind bereit, für Facebook den 158-fachen Gewinn hinzublättern.

Im Januar hatte die Investmentbank Goldman Sachs sich mit einem Prozent an Facebook beteiligt und dafür 450 Millionen Dollar bezahlt. Kurze Zeit später legte die Bank einen eigenen Fonds auf und verkaufte Anteile im Wert von 1,5 Milliarden Dollar in Tranchen von mindestens zwei Millionen Dollar an vermögende Privatanleger. Hier wurde der Wert bereits auf rund 50 Milliarden Dollar geschätzt. Bei Sharespost wurden kurzzeitig sogar 66 Dollar je Aktie geboten, womit Facebook zeitweise mit 150 Milliarden Dollar bewertet war – fast so hoch wie Microsoft.

Die Jagd auf das noch knappe Gut Facebook-Aktie erinnert mittlerweile manche an die Dotcom-Blase der ersten Generation, die bis ins Jahr 2000 die Bewertungen junger Internet-Firmen in astronomische Höhen trieb. Doch anders als damals gehen die jungen Internet-Giganten geschickter vor. Bei den Investoren wiederum sind vor allem Marktführer gefragt. Der Plauderkanal Twitter etwa, der frühestens Ende 2012 an die Börse gehen will, wird aktuell bei Sharespost mit 7,3 Milliarden Dollar bewertet – umgerechnet etwa so hoch wie der Frankfurter Flughafen Fraport. Die Bewertung ist dreimal so hoch wie vor rund einem Jahr. Auch Goldman-Sachs-Konkurrent JP Morgan versucht nun via Twitter, auf den laufenden Internet-Aktien-Boom aufzuspringen. Ende Februar kündigte die US-Bank an, man wolle für 450 Millionen Dollar einen zehnprozentigen Anteil an dem Mitteilungsdienst erwerben. Dies entspräche einer Bewertung von 4,5 Milliarden Dollar. Twitter indes bestritt einen möglichen Teilverkauf. Man wolle unabhängig bleiben, hieß es. JP Morgan hat allerdings eigens den „Digital Growth Fund“ aufgelegt und insgesamt 1,3 Milliarden Dollar bei 480 Investoren eingesammelt. Ein Drittel soll eigentlich bei Twitter angelegt werden, der Rest vermutlich beim Onlinespiele-Unternehmen Zynga oder bei Skype. Spiele-Riese Zynga lockt pro Monat mehr als 200 Millionen Internetkunden auf 50 Browserspiele wie Farmville oder Cityville, die bei Facebook oder Yahoo eingebunden sind, und hat 2010 damit Schätzungen zufolge eine halbe Milliarde Dollar verdient.

Noch 2010 wird Linked-In an die Börse gehen: Das soziale Netzwerk, das, anders als Facebook, vor allem der beruflichen Vernetzung dient und weltweit etwa 90 Millionen User in 200 Ländern hat, wird bei Sharespost mit knapp drei Milliarden Dollar bewertet und damit doppelt so hoch wie vor einem Jahr. Ähnlich ist es mit dem Schnäppchenjäger Groupon, der 2010 ein Zehn-Milliarden-Dollar-Übernahmeangebot von Google abgelehnt hatte: Die Bewertungen explodieren.

Dabei bleiben die Firmen sehr einsilbig, wenn es um Zahlen geht. Weil die jungen Internetkonzerne noch in Privatbesitz sind, müssen sie geschäftliche Daten nicht veröffentlichen – noch nicht. Denn steigt die Zahl der Anteilseigner über 500, so schreibt die US-Börsenaufsicht SEC vor, gelten in den USA Veröffentlichungs- und Transparenz-Pflichten, allerdings erst in dem Jahr, das auf die Überschreitung der Anlegerzahl folgt. So wird man wahrscheinlich erst 2012 detaillierte Informationen über die Bilanzen der neuen Internetstars erhalten.

„Das Thema ist auf jeden Fall hochspannend“, sagt Bak Irmak, Sprecher der DWS, der Fondsgesellschaft der Deutschen Bank. Man werde sich die Firmen sicher genauer ansehen, wenn ein Börsengang konkret anstehe. Zu prüfen seien vor allem die Wertschöpfungskette und die langfristigen Chancen im Markt, aber auch die Bindung an den User. Irmak: „Facebook beispielsweise ist sicher mehr als eine Mode.“ Die Vergangenheit habe ja gezeigt, dass sich Marktführer und „First Mover“ trotz anfänglich hoher Bewertungen durchsetzen könnten. Dies gelte etwa für Amazon oder für Ebay, aber auch für Google. In der Tat: Amazon-Aktionäre haben in den letzten fünf Jahren insgesamt 310 Prozent verdient, in Dollar und vor Kosten. Wer Google seit dem Börsengang 2004 im Depot hat, liegt sogar 580 Prozent im Plus.

Private Kleinanleger können sich bisher nur indirekt am Goldrausch beteiligen. Die Société Générale hat kürzlich ein neues Zertifikat lanciert, mit dem der Anleger sich am hauseigenen Solactive Social Network Index beteiligen kann (WKN SKG10SN). Im Aktienkorb des Index vertreten sind etwa Firmen wie Xing oder auch Mail.ru, russischer Internetkonzern und Anteilseigner von Facebook oder Groupon. Mittels einer „Fast-entry- Regelung“, heißt es bei der Société Générale, könne auch Facebook nach dem Börsengang sofort aufgenommen werden.

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