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Wirtschaft: Spekulationssteuer - ein heißes Eisen

Der Bundesrechnungshof hat Alarm geschlagen. Spekulationsgewinne mit Wertpapieren würden den Finanzämtern in großem Stil verschwiegen, Steuern hinterzogen, haben die Prüfer festgestellt.

Der Bundesrechnungshof hat Alarm geschlagen. Spekulationsgewinne mit Wertpapieren würden den Finanzämtern in großem Stil verschwiegen, Steuern hinterzogen, haben die Prüfer festgestellt. Eine gerechte und gleichmäßige Besteuerung sei damit in Frage gestellt. Wer beim Verkauf eines Wertpapiers einen Gewinn erzielt, muss diesen entsprechend seines persönlichen Einkommensteuersatzes versteuern, wenn er das Wertpapier nicht länger als ein Jahr in seinem Depot hatte. Bis 1999 lag diese Frist noch bei einem halben Jahr.

Unterlagen und sonstige Informationen würden von den Finanzämtern selbst dann nicht angefordert, wenn die Steuererklärungen der Anleger nicht nachvollziehbar seien, beklagen die Prüfer. Doch der Bundesrechnungshof weiß Abhilfe. Denkbar seien verstärkte Kontrollen, etwa Kontrollmitteilungen, oder auch eine Abschlag- beziehungsweise Abgeltungssteuer auf Spekulationsgewinne, die analog der Zinsabschlagsteuer direkt von den Banken einbehalten wird.

Doch das Bundesfinanzministerium versucht zu beruhigen. Natürlich nehme man die Anregungen des Bundesrechnungshofes ernst und werde gegebenenfalls auch Maßnamen ergreifen, aber gesetzliche Änderungen seien nicht geplant. Es gehe darum, das Bewusstsein, etwa der Finanzbeamten, für dieses Problem weiter zu schärfen. Der Bericht des Bundesrechnungshofes beziehe sich zudem auf die Jahre 1997/98, damals habe in Deutschland eine Aktienkultur in der heutigen Form noch nicht existiert. Dies habe sich inzwischen geändert, und das Bewusstsein der Finanzbeamten sei inzwischen geschärft.

Der Bundesfinanzhof hat da seine Zweifel. "Wir haben in der Tat festgestellt, dass Formulare geändert wurden, aber dies reicht sicherlich nicht aus", sagt ein Sprecher. An dem grundsätzlichen Problem habe sich in den vergangenen drei Jahren nichts geändert.

Auch in Berlin beschäftigt man sich mit der Frage. "Es ist doch klar, dass wir belogen werden", heißt es in einem Berliner Finanzamt. Doch die Oberfinanzdirektion muss von anderen Voraussetzungen ausgehen. "Jeder Steuerpflichtige unterschreibt, dass seine Angaben vollständig und wahrheitsgemäß sind", sagt ein Sprecher, "und wir als Finanzbehörde müssen das auch glauben". Manchmal fielen Spekulationsgewinne bei Betriebsprüfungen auf, auch aus den eingereichten Unterlagen der Steuerpflichtigen - beispielsweise Bescheide über die einbehaltene Zinsabschlagsteuer, Depot- oder Erträgnisaufstellungen - ließen sich Veränderungen erkennen. Allerdings "müssen wir bei unseren Nachforschungen auch Aufwand und Ertrag sehen", so der Sprecher. Die Frage einer neuen Steuer sei nicht nur eine juristische, sondern auch eine politische Frage. So sehen das auch die Sparkassen. Beim Sparkassenverband DSGV sind konkrete Pläne für eine neue Steuer nicht bekannt. Doch grundsätzlich "sind wir für weniger und nicht für neue Steuern", heißt es dort.

Möglicherweise aber werden die Gerichte ein Wort mitzureden haben. Dies war schon bei der Zinsabschlagsteuer so. Das Bundesverfassungsgericht hatte bemängelt, dass die Steuergerechtigkeit und Steuergleichmäßigkeit nicht mehr gegeben seien, da sehr viele Steuerpflichtige ihre Zinseinkünfte nicht angegeben hatten. Am 16. Juli beschäftigt sich nun der Bundesfinanzhof mit der Besteuerung von Spekulationsgewinnen, und die Richter haben bereits angedeutet, sie könnten den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Zunächst ist Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) zu einer Stellungnahme aufgefordert worden.

Auf Banken und Sparkassen könnte viel Arbeit zukommen. Aber auch auf die Gerichte. Denn dann wäre die Frage zu klären: Wie werden Spekulationsgewinne ermittelt?

Daniel Rhee-Piening

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