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Wirtschaft: Sprache verbindet

Mit einer Zusazuqualifikation kann man Sprachlehrer für Integrationskurse werden. Nicht nur als Pädagoge

„Welches Unterrichtsfach hat euch denn am meisten Spaß gemacht, als ihr in die Schule gegangen seid?“ fragt Gaby Röber in die Runde ihrer Schüler. Die blonde, schmale Frau spricht sehr langsam und deutlich, geduldig wiederholt sie die Frage mehrmals. Die Teilnehmer antworten erst zögernd und etwas stockend, aufmunternd nickt ihnen Gaby Röber zu.

Gaby Röber ist Sprachlehrerin in einem Integrationskurs an der Volkshochschule Berlin Mitte. Sie hat Geographie studiert und anschließend die „Zusatzqualifizierung DaZ“ absolviert. Mittlerweile wäre ihr Studium allerdings nicht mehr ausreichend: Voraussetzung dafür ist inzwischen ein Studium der Germanistik, Romanistik, Anglistik oder einer anderen modernen Fremdsprache, ein sozialpädagogisches Studium oder ein Abschluss in Erwachsenenbildung. Die Integrationskurse dürfen nur von Lehrern unterrichtet werden, die entweder ein Studium Deutsch als Fremd- oder als Zweitsprache nachweisen können, oder aber, wie Gaby Röber, die „Zusatzqualifizierung DaZ“ durchlaufen haben.

Teilnehmer mit diesen Voraussetzungen können das Zertifikat in 120 bis 140 Unterrichtseinheiten erwerben, für Teilnehmer mit Unterrichtserfahrung und speziellen Studienabschlüssen im Bereich fremdsprachlicher Deutschunterricht kann sich die Stundenzahl halbieren. Welcher Studienabschluss welche Form der Zusatzqualifikation verlangt, klärt eine spezielle Matrix, die man auf der Internetseite des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge findet (siehe Infokasten). Das Honorar variiert je nach Arbeitgeber, die Volkshochschulen zahlen 20 bis 30 Euro pro Stunde, private Träger meist weniger.

Die Teilnehmer des Integrationskurses sollen den Alltag besser bewältigen können, Einkauf, Arztbesuch und Behördengänge werden geübt und durchgesprochen. Am Ende des Integrationskurses, der in der Regel sechs Monate dauert, steht der „Deutsch-Test für Zuwanderer“, der Voraussetzung für eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung ist.

Gaby Röbers knapp zwanzig Schüler kommen aus Bulgarien, Italien, Indien, Palästina, Ägypten, dem Libanon und Frankreich, Schweden und Spanien. Die meisten sind freiwillig hier, nur die wenigsten bekommen den Kurs von der Agentur für Arbeit „verordnet“ und bezahlt. Sie wollen in Deutschland leben, studieren und arbeiten. Fast alle sind hochmotiviert und haben Spaß am Lernen der deutschen Sprache. „Richtige Integrationsmuffel habe ich bisher eigentlich keine erlebt“ sagt Gaby Röber.

Den Kontakt mit Menschen aus anderen Ländern und Kulturen empfindet Gaby Röber als besondere Bereicherung. „Der Unterricht ist jedoch oft auch eine Herausforderung, denn die Gruppen sind sehr gemischt, eine schnell lernende Akademikerin sitzt neben einem langsamer Lernenden, der mit Deutsch die erste Fremdsprache erlernt“, sagt Gaby Röber.

„Die ‚Zusatzqualifizierung DaZ’ ist optimal für Interessenten, die bereits als Lehrer gearbeitet haben und zusätzlich im Unterrichten von Migranten geschult werden müssen“ sagt Felix Breitkreuz, Fachbereichsleiter Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweitsprache von der Sprachschule IH Berlin Prolog. Für Menschen ganz ohne Unterrichtserfahrung sei die „Zusatzqualifizierung DaZ“ weniger geeignet, denn sie sei recht theoretisch, praktisches Unterrichten werde nur wenig geübt, so Felix Breitkreuz.

Gaby Wegscheider, Geschäftsführerin der Zusatzqualifizierungen Deutsch als Zweitsprache von der Volkshochschule Berlin Mitte meint jedoch, dass „alle, die keine Unterrichtserfahrung haben, ihre Lücken in der unverkürzten Zusatzqualifikation gut ausgleichen können. Denn in den praktischen Trainingsphasen müssen die Teilnehmer auch selber unterrichten.“ In Vierergruppen haben die Mitglieder die Möglichkeit, den Unterricht der anderen zu beobachten, unter Anleitung eines Teamers zu analysieren und sich gegenseitig Tipps und Anregungen zu geben. Die Teilnehmer der Zusatzqualifizierung sind häufig Frauen, die nach einer familienbedingten beruflichen Pause zurück ins Arbeitsleben möchten. „Aber auch für Journalisten und Kreative ist die Kursleitertätigkeit als zusätzliche Einnahmequelle nicht unattraktiv“ sagt Michael Weiß, stellvertretender Leiter der Volkshochschule Mitte.

Bis zum Sommer dieses Jahres wurde die „Zusatzqualifizierung DaZ“ vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanziert, die Förderung dann jedoch komplett eingestellt. Zukünftig müssen die Kursteilnehmer die Kosten selbst tragen (siehe Infokasten). „In manchen Fällen wird die Zusatzqualifizierung jedoch auch vom Jobcenter finanziert“ sagt Felix Breitkreuz von der Sprachschule IH Berlin Prolog. Auch eine Förderung über die Bildungsprämie in Höhe von bis zu 500 Euro ist möglich, sofern man Geringverdiener ist.

Speziell auf die Bedürfnisse von Analphabeten bereitet der Kurs „Alphalehrkräftequalifizierung“ vor. „Es gibt immer mehr Nachfrage nach Alphabetisierungskursen für Migranten und die Anforderungen an die Lehrer dieser Kurse sind hoch, denn die Arbeit mit ganz lernungewohnten Menschen erfordert viel Geduld und eine andere Methodik und Didaktik“ erklärt Gaby Wegscheider von der VHS Mitte.

Interkulturelle Kompetenzen über die Sprache hinaus vermittelt die berufsbegleitende Weiterbildung zum „Interkulturellen Begleiter“, die sich an Erzieher, Pädagogen, Psychologen und Sozialarbeiter richtet und vom Bildungsträger BBQ in Zusammenarbeit mit dem Integrationswerk Respekt e.V. angeboten wird. Was ist Kultur? Wie können Konflikte im Klassenzimmer vorurteilsfrei verhandelt werden? An fünf Wochenenden dreht sich alles solche Fragen. „Nach unserer Erfahrung werden vor allem im Bereich Kinder-, Jugend- und Familienarbeit Menschen mit Interkultureller Kompetenz gebraucht. Kitas, Jugendfreizeiteinrichtungen und Schulen in Bezirken mit hohem Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund suchen dringend Personal, das geschult ist in diesem Bereich“, sagt Corinna Trempnau von BBQ.

Die Schüler von Gaby Röber haben an diesem Tag alles zum Thema Schule und Unterricht gelernt. Und Gaby Röber weiß jetzt, wie sich der Schulunterricht in Palästina, Spanien, Schweden und dem Libanon unterscheidet. „Das ist das Schönste an diesem Beruf. Auch ich lerne immer wieder dazu“ sagt sie und lächelt.

Viola Zech

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