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Wirtschaft: Sprechen Sie Euro?

Wie die Länder Berlin und Brandenburg ihre Unternehmen in der europäischen Hauptstadt Brüssel unterstützen

Brüssel - Der Streit zwischen Berlin und Potsdam ist den Repräsentanten der beiden Länder im fernen Brüssel nicht entgangen. Er habe „keine Lust mehr, alleine vor dem Altar zu stehen und nicht abgeholt zu werden“, hatte Klaus Wowereit Anfang März geschimpft. Wenn die Brandenburger die Länderfusion abgeschrieben hätten, so der Regierende Bürgermeister, sollten sie ihm auch nicht in die Wirtschaftsförderung „reinfummeln“.

Der eigentlich für das Jahr 2008 geplante Zusammenschluss der Wirtschaftsförderungsgesellschaften Berlin Partner und Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB) scheint in weite Ferne gerückt. Doch auch wenn es ihnen nicht immer leicht gemacht wird, arbeiten die Statthalter beider Länder in der Hauptstadt Europas eng zusammen. Seit genau einem Jahr haben Berlin und Brandenburg neben getrennten politischen Vertretungen eine gemeinsame Wirtschaftsrepräsentanz in Brüssel.

„Im Vergleich mit anderen Bundesländern sind Unternehmen aus Berlin und Brandenburg in Brüssel unterrepräsentiert“, sagt Peter Siebert. Gemeinsam mit Kollege Jörn Exner arbeitet er daran, dass die Wirtschaftsregion in Europa stärker wahrgenommen wird. Zu den Aufgaben der Wirtschaftsrepräsentanz gehört die Beratung einzelner Unternehmen, etwa bei Fördergeldanträgen. „Die sind für viele Firmen unverständlich“, sagt Siebert. „Nicht weil sie keine Fremdsprachen beherrschen, sondern weil sie die Eurokratismen nicht verstehen. Wir helfen bei der Interpretation von Ausschreibungen.“

Zu Sieberts und Exners Arbeit gehört es auch, Gesetzgebungsprozesse genau zu verfolgen und gegebenenfalls zu beeinflussen. Wird etwa eine Richtlinie in Sachen Gesundheitswirtschaft vorbereitet, versuchen die Lobbyarbeiter sicherzustellen, dass sie keine Nachteile für die heimischen Unternehmen bringt. Außerdem bietet die Repräsentanz in unmittelbarer Nähe der EU-Kommission Büroräume für Firmen, die in Brüssel Fuß fassen wollen. Mit einer Handvoll Räumen fällt die Vertretung allerdings deutlich bescheidener aus als die Lobbyzentralen anderer Bundesländer, die 40 bis 50 Mitarbeiter beschäftigen. Der Etat von rund 400 000 Euro wird zum Teil durch Beratungshonorare gedeckt.

„Immer mehr Unternehmen erkennen, dass sie in Brüssel präsent sein müssen, weil die Konkurrenten auch schon da sind“, sagt René Gurka, Chef der Berlin Partner. „Wir sind ihr erster Ansprechpartner.“ Das gilt vor allem für Firmen, die besonders stark auf Fördermittel angewiesen sind, wie die Berliner Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung (GSUB). Die Firma, die zum Beispiel Integrationsprojekte für ältere Arbeitslose anbietet, ist einer der Mieter in der Brüsseler Repräsentanz. „Die EU will künftig Projekte für Arbeitssuchende über 50 stärker unterstützen. Hier vor Ort können wir am besten herausfinden, wie die Projekte aussehen müssen, damit sie gefördert werden“, sagt GSUB-Vertreter Stephan Lehmann. Zudem werden für fast alle Förderprojekte europäische Partner gebraucht – auch die lassen sich in Brüssel leicht finden.

Die Berlin-Brandenburger Repräsentanz will aber nicht nur Subventionen in die Heimat umleiten. Gerade wird beispielsweise eine Präsentation zum Thema erneuerbare Energien vorbereitet, auf der sich die in Berlin und Brandenburg stark wachsende Branche vorstellt. „Die Clean Technologies sind ein Beispiel dafür, das wir nicht nur Mittelempfänger sind, sondern auch etwas in die EU einbringen“, sagt ZAB-Chef Detlef Stronk.

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