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Wirtschaft: Stahlindustrie: EU wehrt sich gegen US-Zölle

Zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) droht ein neuer Handelskrieg. Die EU will bei der Welthandelsorganisation (WTO) gegen die US-Schutzzölle (siehe Lexikon ) für Stahleinfuhren klagen.

Zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) droht ein neuer Handelskrieg. Die EU will bei der Welthandelsorganisation (WTO) gegen die US-Schutzzölle (siehe Lexikon ) für Stahleinfuhren klagen. Zudem kündigte Handelskommissar Pascal Lamy am Mittwoch in Brüssel Maßnahmen zum Schutz des eigenen Marktes an. Lamy befürchtet, dass für die USA bestimmte Exporte aus Drittländern nun in der EU landen könnten. Die EU will von den USA einen Ausgleich für die entstehenden Handelsnachteile.

Der Protest richtet sich gegen die Ankündigung von George W. Bush, vom 20. März an für drei Jahre Schutzzölle bis zu 30 Prozent auf Stahlimporte zu erheben. Lamy zufolge stammt rund ein Viertel der von den Schutzzöllen betroffenen US-Stahlimporte aus der EU. Die Stahlzölle sind nicht der einzige Handelsstreit zwischen den USA und der EU. Derzeit zanken sich die beiden WTO-Mitglieder unter anderem um Hormonfleisch, Genfood und Steuernachlässe bei amerikanischen Unternehmen. Erst im vergangenen Jahr wurde der so genannte Bananenstreit beigelegt, bei dem die EU Bananenimporte aus ihren ehemaligen Kolonien begünstigte.

Nach Angaben der EU-Kommission wären von den Schutzzöllen vier Millionen Tonnen Stahlexporte aus der EU in die USA betroffen. Vor allem aber fürchtet die Kommission, dass rund 16 Millionen Tonnen Stahl aus Drittländern, die für den US-Markt bestimmt sind, in die EU umgeleitet werden, wo sie dann die Preise drücken würden.

"Wir werden dann alles tun, um unsere Industrie und unsere Arbeitsplätze zu schützen", erklärte Lamy. Da im WTO-Verfahren vor Sommer 2003 keine endgültige Entscheidung fallen wird, will die Kommission bei Bedarf sofortige Schutzmaßnahmen erheben. Ein "ungewöhnlicher Ansturm von Stahlprodukten nach Europa" könne mit Zöllen oder Quoten abgewehrt werden, sagte ein Kommissionssprecher.

"Die US-Maßnahmen sind ungerecht und unbegründet" erklärte Lamy. Die Entscheidung der Amerikaner stehe in einem direkten Widerspruch zu den WTO-Vereinbarungen über sogenannte Schutzklauseln. Demnach dürfen Schutzmaßnahmen nur dann erlassen werden, wenn der Stahlimport in den vorausgehenden Monaten dramatisch zugenommen hat. In den USA seien die Stahlimporte seit 1998 jedoch um 33 Prozent zurückgegangen. Bei dem Rückgriff Washingtons auf protektionistische Einfuhrzölle handle es sich deshalb um eine innenpolitische Entscheidung, die rechtlich und auch wirtschaftlich unbegründet sei. Die US-Stahlindustrie sei nicht wettbewerbsfähig. Statt von Zöllen geschützt, müsse sie umstrukturiert werden, meinte Lamy.

Diese Meinung teilt Hans-Karl Starke vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung. "Die USA haben es verschlafen, ihre Stahlindustrie umzustruktieren", sagt er. "Die Industrie hätte längst so wie in Europa Überkapazitäten abbauen und die Anlagen modernisieren müssen." Erst gestern meldete die National Steel Corporation, einer der größten amerikanischen Stahlhersteller, Konkurs an. Starke zufolge werden die Zölle "erhebliche Auswirkungen auf die Preise haben". Er geht davon aus, dass die für den US-Markt bestimmten Exporte aus Asien, Osteuropa und den GUS-Staaten auf den EU-Markt kommen und die Preise drücken werden. Zwar werde sich die Produktion langfristig anpassen. Die Frage sei jedoch, "ob die Unternehmen so lange durchhalten können".

Die deutsche Politik reagierte kritisch auf die Schutzzölle. Bundeskanzler Gerhard Schröder bezeichnete das US-Verhalten als "inakzeptabel", Wirtschaftsminister Werner Müller sagte, die US-Entscheidung sei "eine erhebliche Belastung für die Handelsbeziehungen zwischen den USA und Europa". Die Aktienkurse der großen europäischen Stahlunternehmen sackten ab. Europas zweitgrößter Stahlkonzern Thyssen Krupp gehörte mit einem Minus von gut einem Prozent auf 17,09 Euro zu den größten Verlierern im Dax. Thyssen Krupp erwartet allerdings durch die Zölle weder wesentliche Ertragseinbußen noch Gefahr für Arbeitsplätze. Die Stahltochter des Konzerns liefere jährlich Stahl im Wert von 200 Millionen Euro in die USA und damit nur zwei Prozent des Gesamtumsatzes des Stahlbereichs, sagte der stellvertretende Konzernchef Ulrich Middelmann.

fw

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