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Teure Energie. Der US-Konzern Dow produziert unter anderem in Schkopau.

© dpa

Standortfaktor: Deutsche Energiewende irritiert US-Firmen

Die Energiepolitik ist ein „hässlicher Fleck auf der weißen Weste“ des Standorts Deutschland, meinen Manager von US-Unternehmen. Und: Die Energiewende ist nicht der einzige Risikofaktor.

Gäbe es die Energiewende nicht, wären US-Unternehmen, die in Deutschland Geschäfte machen, zufrieden. Die Mitarbeiter sind qualifiziert, die Infrastruktur ist gut, Forschung und Entwicklung sowie die Zuliefernetzwerke machen den Standort attraktiv. „Alles bestens? – Leider nein“, sagte Ralf Brinkmann, Vorstandschef von Dow Deutschland, einer Tochter des US-Chemiekonzerns, am Dienstag in Berlin.

Die Energiepolitik sei ein „hässlicher Fleck auf der weißen Weste“ des Standorts Deutschland. „Anderswo zahlen die Unternehmen ein Drittel der Gas-Kosten und nur halb so viel für Strom“, sagte Brinkmann. Der Dow-Konzern könne höhere Energiekosten nicht durch mehr Effizienz ausgleichen. „Wir produzieren im technischen Optimum. Wir sind am Limit“, sagte Brinkmann.

Der deutsche Dow-Chef formulierte eine Sorge, die die meisten US-Firmen teilen, die in Deutschland Geschäfte machen. 71 Prozent meinen, dass die unsichere Entwicklung der Energiekosten ein Risiko für die Attraktivität des Standorts bedeute. Zu diesem Ergebnis kommt der zum elften Mal veröffentlichte „Business Monitor“ der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland (AmCham). An der Umfrage nehmen die umsatzstärksten US-Firmen in Deutschland teil, die mit 177 000 Mitarbeitern insgesamt 92 Milliarden Euro Umsatz erzielen.

Arbeitskosten sind vielen Firmen zu hoch

Kritisch bewerten die US-Firmen auch die Höhe der Arbeitskosten: Nur elf Prozent bewerten sie als gut oder sehr gut. Jeder fünfte Top-Manager befürchtet, dass sich die Standortbedingungen hierzulande in den kommenden Jahren eher verschlechtern werden.

„Das ist ein Warnsignal und ein Aufruf, die Modernisierung des Standorts Deutschland voranzutreiben“, sagte AmCham-Präsident Bernhard Mattes, zugleich Deutschland-Chef von Ford. Deutschland sei der attraktivste Standort in Europa – vor Großbritannien und Polen. Allerdings glauben auch drei Viertel der Manager, dass Asien in den kommenden zehn Jahren Europa abhängen und sich zum wichtigsten Industriestandort weltweit entwickeln wird. Die starke Position Deutschlands dürfe nicht gefährdet werden, warnte Mattes. „Wenn wir jetzt nicht handeln, sind wir künftig eine wirtschaftliche Fußnote“, warnte Mattes.

Dennoch weiten die Unternehmen ihr Geschäft aus

Solche Szenarien spielen in den aktuellen Einschätzungen der US-Firmen allerdings eine Nebenrolle. Die Unternehmen wollen ihr Engagement in Deutschland ausbauen. Fast 80 Prozent rechnen in diesem Jahr mit steigenden Umsätzen. Fast jedes zweite Unternehmen will deshalb verstärkt investieren, 41 Prozent planen Neueinstellungen.

„Die US-Unternehmen am Standort blicken mit großer Zuversicht in die Zukunft“, sagte Mattes. „Unsere Umfrage zeigt, dass Deutschland bei US-Investoren beliebt bleibt.“ Fast 60 Prozent wollen ihre Aktivitäten in den kommenden drei bis vier Jahren ausbauen.

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