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Mit solchen Aufklebern hat der Windkraftfinanzierer Prokon Werbung in Bussen und Bahnen gemacht. Von Risiken war jedoch keine Rede.

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Nach Prokon-Pleite: Start-ups kritisieren geplantes Kleinanleger-Schutzgesetz

Eigentlich sollte es nach der Pleite des Windkraftfinanzierers für mehr Sicherheit sorgen: Doch Start-ups, bürgerschaftliche Projekte und die Werbeindustrie blicken mit Sorge auf das geplante Kleinanleger-Schutzgesetz.

Für rund 75.000 Personen aus ganz Deutschland begann dieses Jahr mit einer Hiobsbotschaft: Das Geld, das sie beim Windkraftfinanzierer Prokon angelegt hatten, sollte größtenteils verloren sein. 1,4 Milliarden Euro hatten vor allem Kleinanleger in das norddeutsche Unternehmen gesteckt. Phänomenale Renditen hatten sie gelockt: Bis zu acht Prozent Zinsen wurden jährlich ausgezahlt.

Das Kapital steckte in Genussrechten, einer risikoreichen Mischung aus Aktien und Anleihen. Die Kündigungsfrist betrug teilweise nur vier Wochen und Ansprüche mussten entsprechend kurzfristig bedient werden. Genau das trat gegen Ende 2013 vermehrt auf. Schließlich musste Prokon Insolvenz anmelden.

Gegenwind für den Gesetzentwurf

Um Pleiten dieser Dimension künftig zu verhindern, will das Bundeskabinett demnächst über ein neues Kleinanlegerschutzgesetz abstimmen. Es soll vor allem die Informationspflicht und die Werbung regeln. Doch für den aktuellen Entwurf gibt es kräftigen Gegenwind.

Die geplanten Reformen seien eine Bremse für die Start-up-Finanzierung, so der Vorwurf der Branche. „Sie stehen klar dem Ziel der schwarz-roten Koalition entgegen, die deutsche Start-up-Szene zu fördern“, sagt Thomas Kriesel vom Hightech-Branchenverband Bitkom.

Entwurf schützt kaum vor kriminellen Machenschaften

Viele junge Unternehmen sammeln mittlerweile im Internet Geld über Schwarmfinanzierung, das sogenannte Crowdfinancing, ein. Der Entwurf sieht jedoch vor, dass sie ab einer Einzelinvestition von 250 Euro ein Informationsblatt an die Anleger schicken müssen. Ab einer Anlagesumme von 10.000 Euro oder einer Gesamtsumme von über einer Million Euro soll sogar ein Prospekt erstellt werden. „Das allein kostet bis zu 50.000 Euro und frisst die Investition zu einem großen Teil schon wieder auf“, erklärt Kriesel.

Doch nur auf kleinere Anlagesummen zu setzen, könnte die Start-ups stark einschränken. Sie brauchen einige Investoren als Zugpferde, die eine größere Summe anlegen und so signalisieren, dass sich die Beteiligung lohnt. „Der Entwurf ist aus Sicht der Kleinanleger gedacht und schützt trotzdem kaum vor unseriösen Machenschaften, wie es sie bei Prokon gab“, kritisiert Kriesel.

Zu der Gläubigerversammlung des Windkraftunternehmens Prokon im vergangenen Juli konnten nicht alle der rund 75.000 Anleger nach Hamburg kommen. Insgesamt stehen Anlagen in Höhe von etwa 1,4 Milliarden Euro auf dem Spiel.

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Prospektpflicht ab 100.000 Euro

Noch härter als Start-ups trifft es bürgerschaftliche Initiativen wie etwa selbst organisierte Miethausprojekte. An die niedrig verzinsten Nachrangdarlehen, die Initiativen oft nutzen, um einen Kredit zu bekommen, werden strengere Anforderungen gestellt. Hier gilt die Prospektpflicht schon ab einer Gesamtanlagesumme von 100.000 Euro.

Das Mietshäuser Syndikat kritisiert, dass die Auflagen mit denen für renditeorientierte Beteiligungen vergleichbar sind. Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen warnt aber davor, zu großzügige Ausnahmen zuzulassen. „Sonst können Schlupflöcher entstehen, die später von unseriösen Anbietern genutzt werden“, sagt sie.

Dass Kleinanleger durch das Paket ausreichend geschützt seien, bezweifelt Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Zwar sei es gut, dass die Unternehmen regelmäßig Auskünfte veröffentlichen müssten, doch nicht zuletzt sei die fehlende Eigeninitiative vieler Anleger problematisch. Sie würden die Prospekte oftmals nicht gründlich genug lesen – „da scheitert jedes noch so gute Gesetz“. Zudem müssten alle Prospekte auch von der Finanzaufsicht Bafin geprüft werden. Doch die Behörde sei bereits jetzt überlastet.

Entmündigte Verbraucher

Durchgreifen soll das geplante Gesetz bei der Werbung für Finanzprodukte. Prokon hatte seine Anleger mit Aufklebern und Plakaten in Bussen und Bahnen, Werbespots und Postwurfsendungen erreicht. Laut Entwurf soll Werbung nur noch in Wirtschaftsmedien möglich sein, deren Leser – so die Hoffnung – Anlagegeschäfte besser verstehen.

Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) sieht dadurch die Verbraucher entmündigt. „Welcher Bürger ist denn imstande, die Werbung einzuordnen? Bahnfahrer wohl nicht“, meinte ZAW-Hauptgeschäftsführer Manfred Parteina. Eine Einschränkung würde der Werbebranche schaden, auch weil ein Dominoeffekt zu befürchten sei. „Dann sind bald auch andere Produkte betroffen.“

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