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Wirtschaft: Steuern und Abgaben treiben Strompreise wieder

Für den Präsidenten des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (VDEW), Günter Marquis, gilt in der Frage der Kernenergienutzung "das Primat der Politik". Theoretisch sei es möglich, dass die künftige Bundesregierung den vereinbarten Ausstieg wieder stoppt, sagte Marquis am Dienstag in Berlin.

Für den Präsidenten des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (VDEW), Günter Marquis, gilt in der Frage der Kernenergienutzung "das Primat der Politik". Theoretisch sei es möglich, dass die künftige Bundesregierung den vereinbarten Ausstieg wieder stoppt, sagte Marquis am Dienstag in Berlin. Eine solch weitreichende Entscheidung dürfe aber nicht kurzfristig revidiert werden. Mit dem Beschluss vor zwei Jahren sei ein "langfristiger Prozess" eingeleitet worden, der nicht innerhalb einer Legislaturperiode umgekehrt werden könne. In Deutschland werden 34 Prozent des Stroms in Kernkraftwerken erzeugt.

Marquis wollte sich nicht an Spekulationen beteiligen, ob die Industrie im Falle eine Regierungswechsels auf eine Revision des Ausstiegs aus der Kernkraft drängen werde. Die Stromwirtschaft habe aber "von Anfang an darauf hingewiesen, dass die Vereinbarung ökonomisch wie ökologisch falsch ist."

Wie der VDEW-Präsident weiter sagte, sind die Strompreis-Senkungen auf dem deutschen Markt in den vergangenen Jahren durch staatliche Abgaben fast wieder aufgezehrt worden. Marquis: "80 Prozent der Entlastung für die Stromkunden sind durch Sonderlasten des Staates wieder weggenommen worden." Die Strompreise sind nach Liberalisierung des Marktes für Haushaltskunden um etwa ein Fünftel gesunken. Laut Marquis beträgt die Belastung durch Ökosteuer, die Förderung erneuerbarer Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung inzwischen rund 1,8 Cent pro Kilowattstunde. Der Durchschnittspreis für den Haushaltskunden liegt derzeit bei etwa 15 Cent.

Marquis forderte erneut gleiche Liberalisierung der Märkte in ganz Europa. Während der deutsche Markt für ausländische Stromversorger völlig geöffnet sei, habe Frankreich ihn nur zu 30 Prozent frei gegeben, beklagte der Verbandspräsident. Staatskonzerne wie Vattenfall (Schweden) oder EdF (Frankreich) kauften sich "in großem Stil in Deutschland ein" und eroberten so die Märkte von innen. Vattenfall bildet gerade mit HEW, Bewag, Veag und Laubag einen neuen, nordostdeutschen Stromriesen. EdF ist Großaktionär beim baden-württembergischen Stromversorger EnBW. Deutsche Stromkonzerne hätten dagegen keine Chance, sich im Ausland zu beteiligen. Diese "Einbahnstraße" zugunsten der Staatsfirmen müsse beseitigt werde. Das Problem werden von der Politik gesehen, sagte Marquis, aber "niemand scheint sich ernsthaft darum zu kümmern."

Vorschläge der EU-Kommission, wonach die Märkte in ganz Europa ab 2003 für Industriekunden und ab 2005 für Privatkunden vollständig geöffnet werden sollen, unterstützt der Marquis. Bedenklich findet er allerdings Vorschläge, nach denen auch Deutschland wie andere EU-Länder eine Strom-Regulierungsbehörde einrichten soll. Die Staats- und Regierungschefs der EU beraten auf ihrem Gipfel kommende Woche in Barcelona erneut über die Liberalisierung der Strommärkte.

fo

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