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Deutschlands größte Aluminiumhütte steht in Neuss. Der Betrieb wäre von einer Erhöhung der Energiesteuer stark betroffen.

© picture-alliance/ dpa

Steuerpolitik: Entsetzen über die Regierung

Wirtschaft reagiert geschockt auf die Pläne zur Erhöhung der Energiesteuer. Mit den vorgesehenen "drastischen Erhöhungen sollen planlos Finanzlöcher gestopft werden", sagte IG BCE-Chef Michael Vassiliadis.

Berlin - Die Wirtschaft attackiert mit zunehmender Wucht die Steuerpolitik der Bundesregierung. „Wir sind entsetzt und fassungslos angesichts der Energiesteuerpläne der Bundesregierung“, schimpfte Werner Schnappauf, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Industrie (BDI) am Mittwoch in Berlin. Der Verband der Stahl- und Metallverarbeitung sieht in seiner Branche „mindestens 10 000 Arbeitsplätze in Gefahr“ und die IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) sprach von einem „Anschlag auf Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze“. Mit den vorgesehenen „drastischen Erhöhungen sollen planlos Finanzlöcher gestopft werden“, sagte IG BCE-Chef Michael Vassiliadis.

Als die rot-grüne Bundesregierung vor gut zehn Jahren die Ökosteuer einführte, gab es gleichzeitig Sonderregeln für die Industrie mit besonders hohem Energieverbrauch. Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes belaufen sich diese Energiesteuerprivilegien im Jahr auf 5,3 Milliarden Euro. Diese Summe will die schwarz-gelbe Regierung im kommenden Jahr um eine Milliarde kürzen und in den folgenden Jahren dann um jeweils 1,5 Milliarden Euro. Die Wirtschaft klagt nun, die Regierung verstoße gegen eine Absprache aus dem Jahr 1999. Danach werden die energieintensiven Betriebe weniger stark belastet und verpflichten sich im Gegenzug zum Energiesparen.

Der BDI zeigte sich „hochgradig irritiert darüber, dass die Bundesregierung die Einsicht ihrer Vorgängerregierungen über Bord“ wirft. Die Steuererhöhung belaste die Wirtschaft mit einer Milliarde Euro im Jahr. Der Wortbruch der Regierung sei „das glatte Gegenteil von vernünftigen Rahmenbedingungen“, sagte BDI-Chef Schnappauf. Er warf der Regierung vor, „diejenigen mit dem Drei- bis Neunfachen an Strom- und Energiesteuern zu belasten, die in den nächsten Jahren den Wachstumskarren ziehen sollen“. Schnappauf, der vor seiner Tätigkeit beim BDI als CSU-Umweltminister in Bayern amtierte, vermisst bei seinen Parteifreunden „Einsicht in die globalen Zusammenhänge“. Die Steuerpolitik mindere die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und gefährde die Existenz vieler Unternehmen.

Ins gleiche Horn stießen diverse Branchenvertreter. Die Chemieindustrie befürchtet in den kommenden zwei Jahren Belastungen von 300 Millionen Euro. „Der Plan ist eine Steuererhöhung und damit Gift für den Aufschwung“, klagte Utz Tillmann vom Chemieverband. Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Stahlvereinigung, sprach von einer „Verdreifachung der Belastungen der Stahlunternehmen“. Die zusätzlichen Kosten der geplanten Änderungen nationaler und europäischer Gesetze bezifferte Kerkhoff mit 1,4 Milliarden Euro. Dabei gehörten die Energiekosten zu den höchsten weltweit.

Beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) stießen die Pläne aus dem Finanzministerium indes auf ein positives Echo: Der Abbau umweltschädlicher Steuervergünstigungen für das produzierende Gewerbe sei ein Schritt in die richtige Richtung, meinte BUND-Chef Hubert Weiger. „Die klimaschädlichen Subventionen müssen weg.“ In der Union sind auch kritische Stimmen zu hören. Ohne Zweifel müssten Subventionen abgebaut werden, „über die richtigen Stellschrauben gilt es aber noch zu diskutieren“, sagte der finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Leo Dautzenberg, dem „Handelsblatt“. Der Entwurf des Finanzministeriums befindet sich derzeit in der Abstimmung mit anderen Ressorts.

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