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Ab Freitag wird wieder gearbeitet. Der sechsmonatige Tarifstreit bei der Pin AG ist beigelegt.

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Streik bei Pin AG beendet: Die gekaufte Versöhnung

Der Tarifstreit ist beendet, ab 1. Januar zahlt Pin seinen Beschäftigten deutlich mehr Lohn. Doch der hart geführte Arbeitskampf hat tiefe Gräben in der Belegschaft hinterlassen, die der Tarifvertrag nun kitten muss - mit Geld.

Die Zusteller bei der Pin AG glauben es erst, wenn die Unterschrift endgültig unter dem neuen Tarifvertrag steht: Vorstandschef Axel Stirl hat mit der Gewerkschaft Verdi am Mittwochabend überraschend den Tarifstreit beigelegt. Nach sechs Monaten Verhandlungen. Nach Streikbruchprämien, Polizeieinsätzen und Hausverboten. Jetzt sitzt Stirl in der Verdi-Zentrale in Berlin Mitte neben Verhandlungsführer Roland Tremper. Der ist selbst noch ein bisschen überrascht, dass sie beide so einträchtig vor die Presse treten: „Letzte Woche hätten wir uns das noch nicht vorstellen können“, sagt Tremper.

9,3 Prozent mehr Lohn

Doch nun ging es ganz einfach über Nacht. In dem dreiseitigen Papier zum Verhandlungsergebnis, das dem Tagesspiegel vorliegt, sind 9,3 Prozent mehr Grundlohn für die Beschäftigten festgelegt. 10,5 Prozent hatte Verdi ursprünglich gefordert. Prämien, die zuvor nur unter bestimmten Bedingungen gezahlt wurden, sind nun garantiert. Ab 1. Januar 2014 soll das Grundgehalt dann bei 8,90 Euro pro Stunde liegen, maximal bei 10,70 Euro. Durchgesetzt hat sich Pin-Chef Stirl mit seiner Forderung, die Arbeitszeiten flexibel zu halten. Zwischen 38 und 42 Stunden pro Woche kann nun gearbeitet werden, je nach Auftragslage. Im Durchschnitt muss es sich aber innerhalb von 24 Wochen bei einer 40-Stunden-Woche einpendeln.

Pin-Vorstandschef Axel Stirl (rechts) und Verdi-Verhandlungsführer Roland Tremper treten gemeinsam vor die Presse
Pin-Vorstandschef Axel Stirl (rechts) und Verdi-Verhandlungsführer Roland Tremper treten gemeinsam vor die Presse

© Davids

"Da ist Vertrauen verbrannt worden"

Stirl, der noch am Dienstag die Existenz des Unternehmens durch die Gehaltserhöhungen bedroht sah, ist nun euphorisch. „Die Pin AG ist jetzt nicht mehr aufzuhalten“, sagt er. Der Tarifvertrag sei eine tolle Nachricht für Beschäftigte, Eigentümer und Management. Pin-Betriebsratsvorsitzender Janosch Mietle lauscht den Ausführungen seines Chefs leicht amüsiert. Ja, für die Beschäftigten sei es ein guter Tag, sagt er. Aber, dass nach dem verbissen geführten Arbeitskampf nun alles vergeben und vergessen sein soll, glaubt er nicht. „Da ist Vertrauen verbrannt worden.“

Streik spaltete die Belegschaft

Axel Stirl will darüber lieber nicht mehr sprechen. „Wir müssen jetzt nach vorn schauen“, sagt er. Bloß nicht zurück. Etwa in die vergangene Woche, als Pin die Polizei zu einer Demonstration der Streikenden vor einigen der Depots rief. Stirl sagt, das war, damit streikende und nicht-streikende Mitarbeiter nicht aneinandergeraten. Verdi spricht von einem Einschüchterungsversuch. Beides stimmt wohl ein bisschen. Es zeigt aber, welch tiefen Graben der Arbeitskampf in der Belegschaft hinterlassen hat. Nur 230 von rund 1100 Beschäftigten waren im Streik, während der Rest der Belegschaft eine Streikbruchprämie kassierte. Auch Betriebsrat Mietle befürchtet, dass es dadurch Spannungen geben könnte. Den Verdi-Mitgliedern rät er, stolz auf ihren Erfolg zu sein und sich nun nicht über die anderen zu ärgern.

Pin überprüft Portopreise

Im Verhandlungsergebnis wird bereits versucht, den Konflikt zwischen den Beschäftigten zu entschärfen. Dazu gehört eine Einmalzahlung von 550 Euro für alle, die gestreikt haben. Ebenso hoch war die Streikbruchprämie. Auch die angedrohte Aussperrung für Streikende wird in dem Papier für nichtig erklärt. Wird der Tarifvertrag bis zum 10. Januar unterzeichnet, wäre es der erste bei einem privaten Postdienstleister. Tremper spricht von einem „bundesweiten Signal“. Viele andere Dienstleister zahlen weit weniger als Pin. Der Erfolg hat aber seinen Preis. Pin hat bereits angekündigt zu prüfen, ob nun eventuell das Porto erhöht werden muss.

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