zum Hauptinhalt
Update

Schuldenkrise: Streik blockiert Flugverkehr nach Griechenland

Den Griechen steht das Wasser bis zum Hals: Die Auszahlung aus dem Rettungspaket verzögert sich. Die Bürger legen aus Protest die Arbeit nieder. Betroffen sind auch Flüge von und nach Berlin.

Für Griechenland wird es immer enger: Die nächste Rate der Rettungskredite lässt auf sich warten. Um Gehälter und Renten zu zahlen, muss Finanzminister Evangelos Venizelos jetzt die letzten Euro in der Staatskasse zusammenkratzen. Das Geld reicht noch bis Mitte November, sagte Venizelos gestern in Athen.

Eigentlich sollte Griechenland bereits im September eine weitere Acht-Milliarden-Überweisung aus dem Rettungspaket erhalten, das die Euro-Staaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) im Frühjahr 2010 geschnürt hatten. Aber die Auszahlung verzögert sich, weil die Regierung mit den zugesagten Reformschritten und Sparmaßnahmen im Rückstand ist. Jüngste Hiobsbotschaft: Athen wird, wie bereits 2010, auch in diesem und im nächsten Jahr die vereinbarten Defizitziele verfehlen. Die Euro-Finanzminister verschoben deshalb die für den 13. Oktober geplante Entscheidung über die Kreditrate.

Wann die Gelder bewilligt werden, hängt von der Troika ab, die seit vergangener Woche in Athen die Umsetzung der Sparauflagen prüft. Den Griechen steht inzwischen das Wasser bis zum Hals. Mitte und Ende Oktober muss der Staat Gehälter und Renten zahlen. Dafür braucht der Finanzminister rund 1,7 Milliarden Euro. Außerdem werden am 14. und am 21. Oktober Geldmarktpapiere von jeweils zwei Milliarden Euro fällig. Die staatliche Schuldenagentur PDMA will die Papiere durch die Emission neuer Schuldtitel mit Laufzeiten von drei und sechs Monaten refinanzieren. Offen ist, welchen Zins der Markt angesichts der wachsenden Sorge um Griechenlands Zahlungsfähigkeit für die Papiere verlangen wird.

Finanzminister Venizelos versicherte am Dienstag in Athen, bis Mitte November sei genug Geld in der Kasse. „Der Staat wird allen Zahlungsverpflichtungen nachkommen“, unterstrich er. Das gelte sowohl für die Ansprüche der Gläubiger wie für die Bürger, die auf Renten und Gehälter warten. Noch vor drei Wochen hatte Vize-Finanzminister Philippos Sachinidis erklärt, das Geld reiche nur bis Ende Oktober. Dass es nun doch länger reicht, liegt auch daran, dass der Staat inzwischen viele Rechnungen einfach unbezahlt lässt und Mehrwertsteuererstattungen hinauszögert. Um die Staatsdiener bezahlen zu können, will die Regierung offenbar auch einen 2008 aufgelegten Banken-Stabilitätsfonds für die Banken um 1,5 Milliarden Euro anzapfen.

Für Aufregung sorgten gestern Berichte, wonach die Troika jetzt nach Gehaltskürzungen und Entlassungen im Staatsdienst auch niedrigere Löhne in der Privatwirtschaft fordert. So soll der Mindestlohn, der in Griechenland bei 548 Euro netto liegt, weiter gekürzt werden. Ministerpräsident Giorgos Papandreou habe diese Forderung aber abgelehnt. „Wir sind nicht Indien“, soll er griechischen Medien zufolge gesagt haben.

Für den heutigen Mittwoch haben die griechischen Gewerkschaften zu landesweiten Streiks aufgerufen. Behörden und Schulen bleiben geschlossen, die meisten öffentlichen Verkehrsmittel stehen still. An den Ausständen beteiligen sich auch die Fluglotsen. Deshalb ruht für 24 Stunden der gesamte Luftverkehr. Ärzte in Krankenhäusern wollen Patienten zudem nur in Notfällen behandeln. In Athen und anderen Städten sind Protestkundgebungen gegen den Sparkurs der Regierung geplant. Beobachter fürchten, dass anarchistische Gruppen erneut, wie schon im Sommer, versuchen könnten, die Versammlungen für Ausschreitungen zu nutzen.

Unterdessen ist die Umsetzung des künftigen, zweiten Hilfspakets für Griechenland näher gerückt: Nach monatelangen Verhandlungen einigten sich die Minister der Euro-Staaten auf eine Lösung im Streit um Sicherheiten, die Finnland im Gegenzug für neue Hilfskredite verlangt hatte. Nur unter dieser Bedingung hatte Finnland dem neuen Hilfspaket von 109 Milliarden Euro im Juli zugestimmt. Alle geldgebenden Euro-Staaten können künftig ein Sicherheitspfand verlangen, das auf griechischen Staatsanleihen beruht. Doch es gibt Auflagen, so dass bisher nur Finnland darauf zugreifen möchte. Zum Beispiel müssen diese Staaten ihr Kapital früher einzahlen. „Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden“, sagte die finnische Finanzministerin Jutta Urpilainen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false