zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Streit um deutsche Position zu Autoentsorgung

BONN (aho). Noch nicht einmal zwei Stunden dauerte das Gespräch der Autobosse am Dienstag im Kanzleramt.

BONN (aho). Noch nicht einmal zwei Stunden dauerte das Gespräch der Autobosse am Dienstag im Kanzleramt. Dann hatten die Chefs von VW, BMW, Opel, Ford und Mercedes-Benz jedenfalls eines erreicht: Über die umstrittene EU-Altautorichtlinie soll heute das Kabinett entscheiden. Die Minister sollen - neben Sparpaket und Gesundheitsreform - auch eine Vorgabe für den grünen Umweltminister Jürgen Trittin beschließen. Am Donnerstag sollen die Umweltminister der Europäischen Union über die EU-Altautorichtlinie beschließen - nachdem die Entscheidung im März bereits um drei Monate vertagt worden ist. Es habe noch "Klärungsbedarf" bei den Branchen gegeben, ließ Trittin damals mitteilen. Doch Bedenken gegen das Projekt hat vor allem Gerhard Schröder.

Die sind so groß, daß Schröder vergangene Woche wütend geworden ist, weil Trittin mögliche Änderungen an der EU-Richtlinie nicht durchgesetzt habe, heißt es in Bonn. Schröders Marschrichtung ist klar: Er will das europäische Projekt vertagen, nachdem ihm VW-Chef Ferdinand Piech mehrfach die Nöte der Autobauer geschildert hatte. Konkret bemängelt der VW-Chef, der auch dem Verband der europäischen Automobilhersteller ACEA vorsitzt, zwei Punkte

Erstens stört ihn die kostenlose Rücknahme. Die EU-Umweltminister wollen die Fahrzeugbauer dazu verpflichten, alte Autos kostenlos zurückzunehmen. Dadurch würden neue Autos teurer, denn die Hersteller werden die Entsorgungskosten in den Neupreis einkalkulieren. Schätzungen der Hersteller sprechen von einem Zuschlag von 200 bis 300 DM auf den Neupreis. Außerdem sagen die Hersteller, sie müßten milliardenschwere Rückstellungen für die Entsorgung bilden.

Zweitens wehrt er sich gegen die vorgesehene Entsorgung der Schadstoffe. Die Umweltminister wollen bestimmte Schwermetalle, wie Blei, Cadmium oder Quecksilber in den Fahrzeugen verbieten. Bei der Entsorgung würden die Schadstoffe nicht mehr im Shredder landen, sondern müßten aus den Autos entfernt werden - und das ist aufwendig und teuer.

Die Autolobby ist mit ihrer Kritik an den EU-Plänen nicht allein. So lehnt die Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling und Entsorgungsunternehmen (BDSV) ebenfalls die Brüsseler Vorgabe ab. BDSV-Chef Rolf Willeke fürchtet, daß dadurch die Fahrzeughersteller die Altauto-Verwertung selbst in die Hand nehmen wollen - wenn sie die Kosten tragen müßten. Die Folge: Viele Autoverwerter müßten ihre Geschäfte schließen.

Dagegen sehen Umweltpolitiker, wie etwa die grüne Europaabgeordnete Hiltrud Breyer, in der EU-Richtlinie eine "entscheidene Verbesserung". Die in Deutschland gültige Entsorgungsvorschriften würden nämlich zusehends umgangen. Alte Autos landeten statt im Shredder in Osteuropa. Daran hat auch die Altauto-Verordnung nichts geändert - meint der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung. Dabei hatten die Firmen, wie Verbandsgeschäftsführer Hans-Günter Fischer sagt, auf die deutsche Altauto-Verordnung gesetzt und in neue Anlagen investiert. Denn: Seit 1998 muß der Besitzer einer alten Karosse nachweisen, daß er sein Fahrzeug bei einem anerkannten Verwerter abgegeben hat. Kosten etwa 300 Mark. Nur unter bestimmten Bedingungen nehmen die Firmen alte Fahrzeuge kostenlos zurück. Die EU-Richtlinie würde die deutsche Verordnung kassieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false