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Streit um Opel: Betriebsrat droht General Motors

Der GM-Verwaltungsrat solle sich endlich für einen Investor entscheiden, fordert der Betriebsratschef von Opel. Die Regierung versucht es nun mit einem Spitzentreffen.

Die Opel-Beschäftigen verlieren allmählich die Geduld. Betriebsratschef Klaus Franz fordert im Deutschlandfunk: "Wird sich bis Ende dieser Woche nichts ändern von General Motors (GM), dann werden wir aktiv werden", sagte er und kündigte "spektakuläre Aktionen" an. Das Verhalten des US-Autoherstellers sei eine Provokation. Dass sich der GM-Verwaltungsrat bisher nicht für einen der Interessenten entschieden habe, könne Opel nicht akzeptieren.

Opel-Mitarbeiter werden dem Vernehmen nach vor der US-Botschaft in Berlin demonstrieren. Zudem kündigt die Belegschaft in Deutschland aus Protest gegen den zähen Verkauf Zugeständnisse auf. Als "ersten Warnschuss" forderten die Arbeitnehmer ihr Urlaubsgeld zurück, sagten mehrere mit der Situation vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Darauf hatten die 25.000 Opel-Beschäftigten in Deutschland im Rahmen einer Betriebsvereinbarung als Entgegenkommen für die Sanierung des Autobauers verzichtet.

Tatsächlich könnte in den festgefahrenen Verhandlungen über Opel nun ein Spitzengespräch zwischen der Bundesregierung und GM noch in dieser Woche Bewegung bringen. Die Regierung hatte GM am Montag aufgefordert, ein Vorstandsmitglied zu einem Spitzentreffen nach Berlin zu schicken. GM nahm die Einladung postwendend an: Ein ranghoher Manager werde in den nächsten Tagen zu einem Vier-Augen-Gespräche nach Berlin kommen.

Dabei dürfte es sich nach Angaben aus Konzernkreisen um GM-Chef Fritz Henderson oder den GM-Verhandlungsführer John Smith handeln. Ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist aber nicht geplant. Der GM-Topmanager soll mit der Opel-Task-Force von Bund und Ländern direkt über den Verkauf des deutschen Autobauers verhandeln.

Die Bundesregierung kann bei der Opel-Bieterentscheidung mit ihrer Präferenz für den kanadischen Zulieferer Magna offenbar nicht auf Unterstützung der US-Regierung hoffen. Ein US-Vertreter sagte, seine Regierung stehe zwar für Gespräche mit der deutschen Regierung zur Verfügung, wolle sich aber nicht selbst in die Entscheidung zwischen den beiden Opel-Bietern Magna und RHJ International einmischen. Das sei Sache des Managements der Ex-Opel-Mutter General Motors.

GM benötigt nach Angaben eines Sprechers weitere Informationen über die staatlichen Bürgschaften und die Finanzierungen der Opel-Übernahme. "Wir wollen die noch offenen Fragen klären und hoffen auf eine baldige Einigung", sagte ein Sprecher von GM Europe.

Der GM-Verwaltungsrat hatte am Freitagabend die erhoffte Entscheidung im Bieterkampf zwischen Magna und dem belgischen Finanzinvestor RHJI erneut vertagt. Bund und Länder wollen Staatshilfe von 4,5 Milliarden Euro nur gewähren, wenn Magna den Zuschlag erhält.

Merkels Sprecher Ulrich Wilhelm betonte am Montag, die deutsche Seite habe "ihre Hausaufgaben gemacht". Es lägen unterschriftsreife Verträge der beiden Interessenten Magna und RHJI vor. Er vermied aber offene Kritik am Vorgehen der Amerikaner: "Das Thema kann man nicht in Konfrontation lösen, sondern nur miteinander."

Laut Wilhelm hat es am Wochenende bereits auf Arbeitsebene Kontakte zwischen dem Kanzleramt und dem Weißen Haus in Washington gegeben. Es bleibe bis zur nächsten regulären Sitzung des GM-Verwaltungsrates um den 8./9. September Zeit, um die offenen Punkte zu klären.

Der neutrale Vorsitzende des Opel-Treuhand-Beirates, Fred Irwin, hat im Zusammenhang mit der Debatte um eine Lösung für den Autobauer Opel vor Belastungen für das deutsch-amerikanische Verhältnis gewarnt. Irwin sagte der Bild-Zeitung: "Für eine gute Lösung brauchen wir keinen transatlantischen Streit zwischen Deutschland und Amerika, sondern mehr Flexibilität aller  Beteiligten."

Irwin, der auch Chef der amerikanischen Handelskammer in Deutschland ist, zeigte sich skeptisch gegenüber Versuchen der Bundesregierung, die Regierung in Washington zu beeinflussen. "Es hätte keinen Sinn, weiteren politischen Druck auf die US-Administration auszuüben, weil die Führung von General Motors völlig unabhängig entscheiden wird", sagte Irwin. Die US-Regierung besitzt 60 Prozent der Aktienanteile an General Motors.

Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz forderte vor dem Hintergrund möglicher Konflikte eine schnelle Lösung in der Opel-Frage. Polenz sagte, es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass nationale Interessen gegeneinander ausgespielt werden und es so zu Spannungen im deutsch-amerikanischen Verhältnis kommt.

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg verlangte, GM müsse die Verhandlungen "so schnell wie möglich" wieder aufnehmen. "Keiner der Beteiligten sollte ein Interesse daran haben, dem Vorwurf kühler Verhandlungstaktiererei ausgesetzt zu sein", sagte er der Welt am Sonntag.

Wie das Auswärtige Amt mitteilte, mahnte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in einem Gespräch mit der Außenministerin der USA, Hillary Clinton, "schnellstmöglich" eine Entscheidung an, "die die Zukunft aller Opel-Standorte sowie die nachhaltige Sicherung möglichst vieler Opel-Arbeitsplätze in Deutschland" sichere. Clinton habe zugesagt, "den Standpunkt der Bundesregierung innerhalb der amerikanischen Administration zu kommunizieren".

Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder mit Opel-Werken hatten sich massiv für Magna eingesetzt. Magna will gemeinsam mit russischen Partnern 55 Prozent der neuen Opel-Gesellschaft übernehmen. Im Besitz von GM würden 35 Prozent der Anteile bleiben,10 Prozent würden die Beschäftigten übernehmen. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen hat GM weiterhin Bedenken gegen Magna, weil man den Verlust von Know-how an die russischen Partner von Magna und zu geringe Zugriffsmöglichkeiten auf das neue Opel-Unternehmen ("New Opel") fürchtet.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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