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Heiko Maas macht die Union für den Fehlschlag verantwortlich.

© Hannibal Hanschke/Reuters

Streit um Sammelklagen: Heiko Maas: "Die Kanzlerin hat meine Nummer"

Im Duell zeigt Angela Merkel plötzlich Entgegenkommen für eine Musterfeststellungsklage. Der Justizminister glaubt nicht an einen Sinneswandel.

Wieder was gelernt: Was eine Musterfeststellungsklage ist, dürften jetzt einige Millionen Verbraucher mehr wissen als vorher. Während des Duells war das Wortungetüm einer der am häufigsten gesuchten Begriffe im Netz. Doch ob dem Erkenntnisgewinn auch ein prozessualer Gewinn folgt, ist fraglich.

Verbraucher verklagen Unternehmen

Seit langem streiten Union und SPD darüber, wie man die Klagerechte von Verbrauchern gegenüber Unternehmen – etwa von geschädigten Dieselfahrern – stärken kann. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte Ende 2016 einen Gesetzentwurf für eine sogenannte Musterfeststellungsklage vorgelegt und diesen im Juli noch einmal aktualisiert. Danach sollen Verbraucherverbände stellvertretend für Kunden klagen. Betroffene Verbraucher könnten sich für zehn Euro in ein Klageregister eintragen lassen. „Dann würden sie von dem Musterverfahren profitieren und die Verjährung ihrer Ansprüche wäre gehemmt“, sagt Roland Stuhr, Rechtsexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV). „Ein vernünftiges Verfahren“ sei das, meint der Verbraucherschützer. Doch das Bundeskanzleramt verhinderte, dass der Maas-Entwurf überhaupt an Länder und Verbände verschickt wurde. Die „Sammelklage light“ wurde zum Rohrkrepierer.

Der Sinneswandel der Kanzlerin

Bis Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag einen plötzlichen Sinneswandel ankündigte. „Wir können hier verabreden, dass wir morgen den Justizminister anrufen und ihn bitten, es schnell zu überarbeiten“, sagte Merkel über das Gesetzesvorhaben. Der vorliegende Entwurf sei ihr aber zu bürokratisch, die Kanzlerin wünscht sich nach eigenen Worten eine Lösung wie es sie bereits für Kapitalanleger gibt. „Wir würden es sehr begrüßen, wenn jetzt möglich schnell eine Lösung gefunden wird“, sagte Stuhr dem Tagesspiegel. Den Weg über das Kapitalanlagen-Mustergesetz (KapMuG) hält er jedoch für verfehlt. „Das KapMuG ist viel bürokratischer“, kritisiert Stuhr. Es setzt voraus, dass Anleger erst einmal auf eigene Faust klagen. Wenn es viele gleichartige Klagen gibt, kann ein Oberlandesgericht mit einem Musterverfahren betraut werden. „Das Ganze dauert aber sehr lange und es entbindet die Menschen nicht von der Pflicht, erst einmal selbst zu klagen.“ Stuhr glaubt nicht daran, dass es noch in dieser Legislaturperiode zu einer Lösung kommt.

Auch Maas spielte den Ball umgehend an die Kanzlerin zurück. „Frau Merkel hätte mich jederzeit anrufen können“, erklärte der Minister. „Meine Nummer hat sie.“ Aber auch am Montag blieb der Anruf der Kanzlerin aus.

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