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Wirtschaft: Streit um Vertreterprovisionen bei der HUK-Coburg

DÜSSELDORF (fw/HB).Ein Kaufmann mit dem Namen Hans Kohlhase geriet im Jahr 1532 in Streit mit einem Adeligen wegen Beschlagnahme von zwei Reisepferden.

DÜSSELDORF (fw/HB).Ein Kaufmann mit dem Namen Hans Kohlhase geriet im Jahr 1532 in Streit mit einem Adeligen wegen Beschlagnahme von zwei Reisepferden.Das erlittene Unrecht kränkte ihn so sehr, daß er schließlich der ganzen sächsischen Obrigkeit den Fehdehandschuh hinwarf, was schlecht für ihn endete - er wurde gerädert.Kleist machte aus der Begebenheit den "Michael Kohlhaas" - eine Geschichte von Streit und Verbitterung.Daran fühlt man sich erinnert beim Streit eines Ehepaars mit der HUK-Coburg.Frau Kohlhaas (nennen wir sie mal so) hatte für den Versicherer jahrelang Policen vermittelt.Die Fehde führt aber vor allem ihr Mann, der zeitweise in ihrem Kundendienstbüro mitarbeitete.Dabei bemüht er nicht nur die Gerichte, sondern wendet sich auch an Wirtschaftsminister Rexrodt.Sein Weg vor der Justiz war wenig erfolgreich: Das Ehepaar steckte eine Niederlage nach der anderen ein.Zur Zeit bemüht es sich um Revision beim Bundesgerichtshof.

Kern des Streits ist die Frage: Hat Frau Kohlhaas nebenberuflich für die HUK gearbeitet (wie es in ihrem Vertrag steht), oder handelt es sich nicht doch um eine hauptberufliche Tätigkeit? Dabei geht es nicht nur um den Status.Als Hauptberuflerin, so meinen die Kohlhaases, hätte sie noch einiges Geld von der HUK zu bekommen.Denn dann müßte der Versicherer "übliche", also höhere Provisionssätze bezahlen.

Ein Einzelfall? Wenn man HUK-Vertriebsvorstand Kurt Jaks glaubt, ja.In der Regel seien die Vertriebsleute zufrieden, sagt er.Die HUK zahle durchaus marktübliche Provisionen.Aber was ist marktüblich? Außerdem könnten die Vertreter, weil die HUK als kostengünstiger Versicherer sehr beliebt sei, hohe Abschlußzahlen erzielen.Deswegen sei das Einkommen der Vertreter nicht schlecht.Im November 1997 wurde die "Werbegebühr" (so heißt bei der HUK die Abschlußprovision) für einen neuen Kfz-Haftpflicht- oder Vollkaskovertrag von je zwölf auf je 15 DM erhöht, die "Zusatzvergütung", eine Art Kostenpauschale für die Bearbeitung, stieg um eine DM auf drei DM.Es ist in der Branche kein Geheimnis, daß viele andere Vertriebsvorstände von solch niedrigen Provisionen träumen.Die HUK selbst sieht sogar, vor allem im Lebensversicherungsgeschäft, Grenzen für diesen kostengünstigen, dafür aber passiven Vertrieb der allerdings bisher einer ihrer wichtigsten Erfolgsfaktoren ist.Die HUK hat laut Jaks 5000 nebenberufliche Vertreter ("Vertrauensleute" genannt).Dazu kommen rund 350 Kundendienstbüros, die zum Teil haupt-, zum Teil auch nebenberuflich betrieben werden.Inzwischen gehe man bei den Büros zum hauptberuflichen Status über, sagt Jaks, der damit allerdings (im Gegensatz zu den Kohlhaases) nicht die Verpflichtung zu höheren Provisionssätzen verbunden sieht.Die Abgrenzung sei schwierig, räumt Jaks ein: "Da gibt es den Lehrer, dessen Frau so ein Büro betreibt.Ist die nun Hausfrau oder hauptberuflich HUK-Vertreterin?" Das HUK-Vertriebssystem hat seine Wurzeln im Öffentlichen Dienst, was manche Konkurrenten zu der Sicht verleitet, hier bezahle letztlich der Steuerzahler die Zeit, die der Nebenberufler für Kundengespräche braucht.

Der ganze Fall könnte getrost als eher private Streitigkeit zwischen einem Versicherer und einer Vertreterin und ihrem streitbaren Ehemann abgetan werden, wenn er nicht eine erstaunliche Nervosität der HUK offenbaren würde, die gewisse Besorgnis verrät, ihr bewährtes Geschäftsprinzip, durch niedrige Provisionen zu günstigen Tarifen zu gelangen, könne Schaden nehmen.Denn außer dem Hauptstreit gibt es einen spannenden Nebenschauplatz: Die HUK zwang die Kohlhaases, die Namen ihrer Verbündeten preiszugeben.Das Ehepaar hatte mit HUK-Bürobetreibern eine Interessengemeinschaft gegründet, mit dem Ziel, Unterstützung im aufwendigen Rechtsstreit zu bekommen und dafür dessen Ergebnisse den anderen zugänglich zu machen: Einer streitet für alle für bessere Provisionen.

Die Versicherung schlug mit juristischer Finesse zu und entdeckte darin einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.Weil die Kohlhaases nicht mehr für die HUK tätig seien (der Streit führte zur Kündigung des Vertretervertrags), sei eine derartige Interessengemeinschaft geeignet, unlautere Wettbewerbsvorteile für sie, die nun für andere Konkurrenten tätig seien, zu erlangen: eine wahrscheinlich nur für Juristen nachvollziehbare Argumentation; das Landgericht Berlin folgte dieser aber und verdonnerte die Kohlhaases bei Androhung von 500 000 DM Ordnungsgeld oder sechs Monaten Haft, die Namen der Kollegen in der Interessengemeinschaft herauszurücken.Natürlich wolle die HUK die Namen wissen, sagt Jaks.Und was passiert mit den betreffenden Vertretern? Nichts, versichert Jaks, es sei ja eigentlich alles in bester Ordnung.Aber wissen möchte er die Namen schon.

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