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Streit ums Geld: Arbeitgeber klagen für niedrigere Beiträge

Die Arbeitgeber wollen vor Gericht erzwingen, dass die Bundesagentur für Arbeit künftig nicht mehr Milliardenbeträge an den Bund zahlen muss. Damit wollen sie Spielräume schaffen, um den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung stärker zu senken.

Berlin - Der Berliner Mittelständler Hartmann Ingenieur GmbH legte beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde ein, wie die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) am Freitag mitteilte. Gegen die aus seiner Sicht falsche Verwendung von Beitragsmitteln klagt der Geschäftsführer des Garten- und Landschaftsbauers gemeinsam mit zwei seiner Mitarbeiter.

Konkret richtet sich die Beschwerde gegen den Eingliederungsbeitrag in Höhe von fünf Milliarden Euro, den die Bundesagentur seit Anfang dieses Jahres an den Bund zahlen muss. Damit soll sich die Arbeitslosenversicherung zur Hälfte an den Kosten für die Arbeitsförderung und Verwaltung der Langzeitarbeitslosen beteiligen. Aus Sicht der Arbeitgeber und der Gewerkschaften werden durch den Eingliederungsbeitrag Mittel der Arbeitslosenversicherung zweckentfremdet. Seit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II trägt der Bund die Kosten für Langzeitarbeitslose.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte, die Politik müsse einen deutlichen Hinweis erhalten, dass sie mit den Mitteln der Beitragszahler nicht nach Belieben schalten und walten könne. Ohne die Milliardenzahlung könne der Beitragssatz von derzeit 3,3 auf 2,7 Prozent gesenkt werden, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die BDA unterstützt Unternehmen, die juristisch gegen die Verwendung der Beitragsgelder vorgehen wollen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) teilt zwar grundsätzlich die Kritik an den Milliardenzahlungen für den Bundeshaushalt. Doch DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach warf den Arbeitgebern vor, die Arbeitslosenbeiträge auf ein „unverantwortlich niedriges Niveau“ drücken zu wollen. „Der aktuelle Sturmlauf der Arbeitgeberverbände hat ausschließlich das Ziel, die Debatte um Beitragssenkungen anzuheizen“, sagte Buntenbach dem Tagesspiegel. Der DGB habe von Anfang an den „Beitragsklau“ der Bundesregierung abgelehnt – zu dem der Eingliederungsbeitrag gehöre. Die Wirtschaftslobby versuche nun aber den Eindruck zu erwecken, als könne der Arbeitslosenbeitrag beliebig gesenkt werden. „Damit soll der Koalition offensichtlich vorgegaukelt werden, dass die drohende Beitragssteigerung in der gesetzlichen Krankenversicherung über die Arbeitslosenversicherung ausgeglichen werden könnte. Dieses Spiel machen wir nicht mit, denn wir halten eine erneute Beitragssenkung bei sich eintrübender Konjunktur für hoch riskant“, sagte Buntenbach weiter.

Die Gewerkschaftsvertreterin warnte davor, die Bundesagentur „auch noch zum Ausfallbürgen für steigende Beiträge durch den Gesundheitsfonds zu machen“. So richtig es sei, sie von „ungerechtfertigten Kosten“ zu entlasten, so falsch sei es, die ohnehin schon von 6,5 auf 3,3 Prozent gesenkten Arbeitslosenbeiträge noch weiter abzusenken und den voraussichtlich sprunghaften Anstieg der Krankenkassenbeiträge in Kauf zu nehmen. Kassenmanager erwarten, dass 2009 der Beitragssatz von derzeit durchschnittlich 14,92 auf 15,5 bis 15,8 Prozent ansteigen könnte. Buntenbach regte an, den Krankenkassen kostendeckende Beiträge für Langzeitarbeitslose zu zahlen. „Hier ist eine Entlastung von 4,5 Milliarden Euro möglich, die einen Beitragsanstieg nahezu unnötig macht.“

Bundesregierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften streiten bereits seit der Einführung von Hartz IV Anfang 2005 über die Finanzen. Anfangs musste die Bundesagentur für jeden Arbeitslosen, der in den Arbeitslosengeld-II-Bezug rutschte, knapp 10 000 Euro Strafe zahlen – den sogenannten Aussteuerungsbetrag. Die Bundesregierung argumentierte, so entstehe ein Anreiz für die Arbeitsagenturen, sich frühzeitig um die Vermittlung von Arbeitslosen zu kümmern. Nachdem sich die Lage am Arbeitsmarkt deutlich verbessert hatte, gingen auch die Zahlungen der Bundesagentur an den Bundeshaushalt zurück. Anfang diesen Jahres ersetzte die Bundesregierung den Aussteuerungs- durch den Eingliederungsbeitrag.

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