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Nächster Halt: Kopfbahnhof. Seit Monaten herrscht Stillstand, nun soll der Umbau in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof weitergehen. Bislang hatte die Bahn versucht, Streit zu vermeiden – nun ändert sie den Kurs.

© dapd

Bahnprojekt: Stuttgart 21: Die Bagger rücken wieder an

Die Deutsche Bahn will die Bauarbeiten zu Stuttgart 21 wieder aufnehmen. Nach Pfingsten wird die Baustelle langsam wieder hochgefahren – die Grünen schäumen.

Stuttgart - Nach einem zweimonatigen Baustopp will die Deutsche Bahn die Arbeiten am umstrittenen Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 in der kommenden Woche wieder aufnehmen. Das sagte Bahn-Vorstand Volker Kefer am Freitag in Stuttgart nach einer Sitzung des Lenkungsausschusses von Bahn und baden-württembergischer Landesregierung. Das Land habe keinen Baustopp beantragt und sei nicht auf einen Kompromissvorschlag eingegangen, bis zur Vorlage des Belastungstestes zu warten, erklärte er. Die Bahn wolle aber keine unumkehrbaren Fakten schaffen.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) gab sich dennoch selbstbewusst: Eine Niederlage sei dieser Tag nicht, bekannte er. Verloren hätte er nur, „wenn ich schlecht argumentiert hätte“. Durchschlagend war seine Argumentation aber nicht: Ausgerechnet Hermann, entschiedenster Gegner des Projekts in seiner Partei, muss verkünden, dass seine Regierung sich nicht mit einem förmlichen Antrag auf einen weiteren Baustopp entgegenstellt. Nun wird es vermutlich neue Proteste geben. Er lege „größten Wert“ auf friedliche und gewaltfreie Demonstrationen, unterstrich Hermann, „aber wir werden den Leuten den Protest nicht verbieten“. Am Freitag demonstrierten kaum drei Dutzend Menschen vor dem Regierungssitz.

Der Streit hängt am Geld. „Es ist einfach nicht nachvollziehbar, dass die Bahn den Druck so erhöht hat“, sagte Hermann. Die Bahn habe pro Monat Bau-Verzögerung 56 Millionen Euro verlangt zuzüglich 33 Millionen Euro Verzugszinsen. Eine Aussetzung der Bauarbeiten bis zur geplanten Volksabstimmung im Oktober über die Tieferlegung des Bahnhofs würde somit mehr als 400 Millionen Euro kosten. Frühere Berechnungen seien von 150 Millionen Euro ausgegangen.

Dreimal habe man dem Land die Hand entgegengestreckt, sagte Bahn-Vorstand Kefer: Mit einer Baupause während der Schlichtung im Herbst, mit einer zweiten im Zuge der Landtagswahl, und nun mit dem dritten Angebot, den Baustopp bis Mitte Juli zu verlängern. Bedingung: Die Bahn muss die Kosten nicht tragen. „Wir wären auch bereit gewesen, diese Kosten zu verhandeln“, befand Kefer. Sowohl die Stadt als auch das Land stellten sich aber hart und verweigerten eine Beteiligung über diesen Vorschlag.

Hermann zweifelt die von der Bahn genannten Summen an. Der Konzern habe zwar rechtzeitig einen Fragenkatalog abgearbeitet, „aber oft waren die Antworten kaum länger als die Fragen“. Daher habe man keinen Baustopp beantragt. Das stimme so nicht, entgegnet Jeannette Wopperer, Direktorin des Regionalverbandes, der zu den Finanziers gehört: „Es gab eine Entscheidungsgrundlage“, sie habe jedenfalls keine offenen Fragen gehabt. Auch die Bahn versichert, offen genug gewesen zu sein, schließlich hätten drei Wirtschaftsprüfer nachkalkuliert. Kefer: „Mehr Informationen als bei Stuttgart 21 im letzten halben Jahr hat es nie gegeben.“

Nach Pfingsten wird die Baustelle nun langsam wieder hochgefahren. Zunächst entstehen Rohrleitungen für das anfallende Grundwasser – eine durchaus reversible Maßnahme, die auch im Sinne der Schlichtung liegt: Heiner Geißler hatte im Herbst vorgegeben, die Bahn dürfe bis zum Stresstest nur bauen, was einer späteren Verbesserung des Projekts, so sie denn überhaupt nötig wird, nicht im Wege steht. Dieser Stresstest wird am 14. Juli präsentiert, erst danach werden auch die Aufträge für die beiden Tunnel, die den Bahnhof im Talkessel mit dem Flughafen oberhalb der Innenstadt verbinden, vergeben. Diese Arbeiten kosten rund 750 Millionen Euro; sind sie vergeben, ist der Neubau kaum noch reversibel.

Hermann deutete an, dass er weiterhin Widerstand gegen das Vorhaben leisten wird. „Der Einzige, der das Projekt kritisch begleiten kann, ist der Verkehrsminister. Und das bin ich.“

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