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Wirtschaft: Stuttgart 21 könnte noch teurer werden

Protest verhilft den Grünen zu Rekordzustimmung

Berlin - Die geplante ICE-Strecke von Stuttgart nach Ulm könnte deutlich teurer werden, als bislang angenommen. Statt 2,9 Milliarden Euro, wie es die Deutsche Bahn annimmt, könnten 4,6 Milliarden anfallen, im schlimmsten Fall sogar zehn Milliarden. Das geht aus einem Gutachten hervor, das die Bundestagsfraktion der Grünen in Auftrag gegeben hat und das am Mittwoch in Stuttgart vorgelegt wurde. Die Bahn wies die Kritik an ihrer Kostenschätzung zurück.

Die Gutachter begründen ihre Kalkulation mit dem schwierigen Gelände, das die 60 Kilometer lange Trasse durchquert. Tunnel durch die Schwäbische Alb zu bohren, sei „bautechnisch äußerst schwierig und sehr kostenintensiv“, schreiben die Münchener Planer Martin Vieregg und Karlheinz Rössler. Das Gestein sei brüchig, es gebe viele Höhlen, mit Wassereinbrüchen sei zu rechnen. Für die Hälfte der Strecke sind Tunnel nötig. Daher sei das Szenario mit Gesamtkosten von 4,6 Milliarden Euro „die äußerste Untergrenze“. Bei der Kalkulation stützen sich die Gutachter auch auf Erfahrungen mit der ICE-Strecke Nürnberg–Augsburg. Als Alternative schlagen Vieregg und Rössler vor, die bestehende Strecke auszubauen. Zudem könne man dort Neigetechnik-Züge einsetzen.

Stuttgart–Ulm steht im direkten Zusammenhang mit dem Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs, gegen den Tausende Bürger seit Wochen protestieren. Ohne die Trasse ist auch Stuttgart 21 nicht möglich. Kostensteigerungen auf der Trasse nach Ulm müsste der Bund alleine tragen.

Winfried Hermann (Grüne), Vorsitzender des Verkehrsausschusses, sprach mit Blick auf Bahnhof und Trasse von einem „Fass ohne Boden“. Das gesamte Projekt werde mit zehn Milliarden Euro doppelt so teuer wie geplant. Die Bahn nannte die Studie „durchsichtige Stimmungsmache“. Bei der Planung habe man exakt gerechnet. Bereits ein früheres Papier von Vieregg und Rössler zu Stuttgart 21 habe Fehler enthalten.

Für die Grünen hat sich der Protest allerdings schon ausgezahlt. Laut einer Umfrage von Infratest Dimap verzeichnet die Partei ein halbes Jahr vor der nächsten Landtagswahl in der Wählergunst einen Rekordwert von 27 Prozent – die CDU kommt derzeit auf 35, die SPD auf 21 Prozent. Carsten Brönstrup

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