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Wirtschaft: Tagebüchern auf der Spur

Immer mehr Menschen stellen ihre persönlichen Aufzeichnungen online. Neue Suchmaschinen finden sie

Von Vauhini Vara Das Rennen hat begonnen: Wer wird die Suchmaschine für Blogs? Blogs, das ist die Abkürzung für WebLogbücher. Das wiederum sind so etwas wie Tagebücher im Internet, die derzeit von jedermann – vom Studenten bis zum großen Medienkonzern – geschrieben und veröffentlicht werden. Immer mehr von ihnen entstehen mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit, und sie werden so schnell aktualisiert, dass die etablierten Suchmaschinen wie Google oder Yahoo sie nicht immer schnell genug erfassen. Jetzt haben eine Hand voll Neulinge wie Technorati, Feedster oder IceRocket.com die Marktlücke entdeckt: Blog-Suchmaschinen, die nahezu in Echtzeit durch die Blogs fegen, um dort nach Informationen zu suchen.

Die Seiten gewinnen immer mehr an Interesse, weil immer mehr Nutzer wissen möchten, worüber die Menschen online sprechen. Weil es selbst für den größten Technologiehasser einfach ist, etwas online zu veröffentlichen, gibt es eine wachsende Nachfrage nach Diensten, die das Durcheinander sortieren.

Noch sind die neuen Dienste nicht störungsfrei. Einigen gehen zu viele Blogs durch die Lappen, andere rufen zu viele irrelevante Seiten auf. Dennoch begeistern sie die Technikfreaks. Julie Meloni, eine 31-jährige Webdesignerin aus dem kalifornischen San José, nutzt Google, um etwas über Designtricks herauszufinden. Um aber zu erfahren, was andere Webdesigner über die neueste Entwicklung in der Branche sagen, nutzt sie Technorati. „Man kann herausfinden, was inoffiziell gesagt wird“, erklärt sie. „Man kann die Diskussion miterleben.“

Noch vor wenigen Jahren existierte nicht einmal der Begriff „Blog“. Jetzt verfolgen viele Leute die Einträge ebenso wie ihre Lieblingssendung im Fernsehen. Andere klicken sie wegen der Nachrichten an. Niemand weiß genau, wie viele Blogs es gibt. Technorati indexiert nach eigenen Angaben derzeit etwa 16,5 Millionen Weblogs, wobei sich die Anzahl etwa alle fünf Monate verdoppelt habe. Die rapide Vermehrung frustriert Internetnutzer auf ihrer Suche.

Für alle, die einen kurzen Einblick haben möchten, was prominente Blogger (Verfasser von Logbüchern) so sagen, lohnt sich ein Blick auf DayPop. Während die meisten Suchdienste Millionen von Blogs durchforsten, begrenzt DayPop die Suche. Das macht sich bemerkbar: Es werden nur etwa 60000 Blogs durchsucht, die von den Redakteuren ausgewählt werden. Auf der Suche nach „Biloxi“ und „Katrina“ lieferte DayPop 15 Ergebnisse von bekannten politischen Blogs wie Instapundit oder dem Drudge Report.

Blog-Suchmaschinen wie Technorati, Feedster, IceRocket und BlogPulse durchkämmen dagegen je 15 bis 20 Millionen Blogs, so dass weit mehr Ergebnisse geliefert werden, die aber oftmals aus obskuren Quellen stammen. Während Technorati und BlogPulse sich dabei ausschließlich auf Blogs konzentrieren, durchsuchen andere Seiten auch alltägliche Nachrichtenquellen.

Wegen der unterschiedlichen Systeme variieren die Suchergebnisse unter den einzelnen Seiten sehr. Eine Blogsuche nach „William Rehnquist“ und „John Roberts“ brachte kürzlich bei Feedster 2000 Ergebnisse, von denen 85 vom gleichen Tag stammten. BlogPulse lieferte 704 Ergebnisse, davon gerade einmal fünf vom gleichen Tag und drei von der gleichen Webseite. Technorati und IceRocket lagen mit 845 beziehungsweise 1295 Treffern, davon jeweils 50 aktuelle, irgendwo dazwischen. Die aktuellsten Einträge waren dabei nur bei den wenigsten Suchdiensten auch auf der ersten Seiten zu finden.

Die großen allgemeinen Suchdienste wie Google, Yahoo oder MSN, die Milliarden von Webseiten durchkämmen, beinhalten Blogseiten und Nachrichtensuche, erlauben aber keine auf Blogs beschränkte Recherche. Für die Nachrichtensuche aktualisieren die Seiten die aufgelisteten Artikel alle paar Stunden.

Für diese Suche schicken sie Programme durch das Internet, die Schnappschüsse von allen Seiten schießen, die sie besuchen. Dann sortieren sie die Ergebnisse überwiegend nach ihrer Relevanz. Die Reihenfolge der Ergebnisse orientiert sich hier in erster Linie an der Beliebtheit einer Webseite. Dieses Verfahren bringt mit sich, dass die großen Suchdienste nicht immer die frischesten Ergebnisse liefern.

Doch auch wenn die neuen Blog-Suchdienste auf dem Vormarsch sind – die meisten von ihnen hatten im Juli noch nicht so viele Besucher, um auf dem Radar vom Marktforscher Nielsen/NetRatings zu erscheinen. Nur Technorati wurde mit 642000 echten Besuchern aufgelistet. Aber das ist immer noch weniger als ein Prozent der Besucher, die Google im Juli aufweisen konnte.

Texte übersetzt und gekürzt von Tina Specht (Indien), Svenja Weidenfeld (Weblogs), Matthias Petermann (Bush) und Christian Frobenius (Textilstreit).

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